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Unter Umständen tödlich. Nach der Charité sind auch am Potsdamer Bergmann-Klinikum Darmkeime auf der Frühchenstation aufgetreten. Sechs Babys werden derzeit isoliert behandelt. Lebensgefahr besteht laut Klinikum nicht.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Darmkeime auf der Frühchenstation

Am Bergmann-Klinikum wurden bereits Ende Oktober bei acht Frühgeborenen Enterobakterien festgestellt. Sechs Babys werden isoliert behandelt: Lebensgefahr besteht und bestand laut Klinikum nicht

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Innenstadt - Wenige Wochen nach dem Keimbefall auf der Frühchenstation der Berliner Charité meldet auch das Potsdamer Klinikum „Ernst von Bergmann“ gehäufte Keime auf der Frühgeborenenstation: Bei insgesamt acht Kindern sind Enterobakterien – ein Darmkeim – nachgewiesen worden, wie das Klinikum am Montagabend gemeinsam mit dem brandenburgischen Gesundheitsministerium mitteilte. Lebensgefahr bestehe nicht und habe auch für keines der Kinder bestanden, betonte Klinikumssprecherin Damaris Hunsmann auf PNN-Anfrage.

Zwei der Kinder seien bereits entlassen worden, zwei weitere erfolgreich behandelt. Die übrigen vier sind den Angaben zufolge ohne Symptome. Die sechs betroffenen Babys werden laut Klinikum momentan in einem gemeinsamen Isolationszimmer behandelt, um eine weitere Übertragung auf der Station mit insgesamt 16 Betten zu verhindern. Die Ursache für den Keimbefall sei noch nicht gefunden, sagte Ortrud Vargas Hein, die ärztliche Direktorin des Klinikums. Alle acht betroffenen Babys seien im Bergmann-Klinikum zur Welt gekommen.

Während der Keim im Normalfall als ungefährlich gilt, kann er bei Menschen mit schwachem Immunsystem – wie es die Frühchen sind – Fieber oder schwere Lungenentzündungen verursachen, erläuterte Ortrud Vargas Hein. Im Klinikum Mainz waren vor zwei Jahren zwei Babys an einer Infektion durch den Keim gestorben. Bei den in Potsdam festgestellten Bakterien handele es sich jedoch nicht um multiresistente Keime, betonte die ärztliche Direktorin. Die Bakterien sind also mit Antibiotika behandelbar.

Die ersten Keimfälle am Bergmann-Klinikum sind bereits vor drei Wochen bei den wöchentlichen Routineuntersuchungen festgestellt worden, erklärte Vargas Hein weiter. „Wir haben die Meldepflicht sofort erfüllt und gemeinsam mit dem Gesundheitsamt der Stadt in enger Zusammenarbeit die weiteren Maßnahmen abgestimmt.“ Wieso die Stadt die Fälle nicht früher öffentlich gemacht hat, ließ Stadtsprecher Markus Klier am Montagabend auf PNN-Anfrage offen. „Aus unserer Sicht sind seitens des Klinikums sofort die notwendigen Maßnahmen ergriffen worden: Wir wurden informiert, die betroffenen Eltern wurden informiert, der Chefarzt für Krankenhaushygiene und Mikrobiologie des Klinikums hat seine Arbeit aufgenommen und gemeinsam mit allen Beteiligten die notwendigen Schritte auf der Station eingeleitet“, teilte der Stadtsprecher mit. Die Stadt wünsche den betroffenen Eltern, „dass sie ihr Baby möglichst schnell zu Hause in den Arm nehmen können“.

Am Klinikum habe man mit einer Verschärfung der Hygienemaßnahmen reagiert, erklärte die ärztliche Direktorin. So werde insbesondere auf Händedesinfektion und Kittelhygiene – gemeint sind die Kittel, die die Neugeborenen tragen – geachtet. Der Enterobakter könne unter anderem über die Kittel von Inkubator zu Inkubator übertragen werden.

Die beiden behandelten Kinder hätten Fieber und weitere Infektionszeichen wie erhöhte Zahl von weißen Blutkörperchen gezeigt, erklärte Vargas Hein. Ob die aufgetretenen Symptome tatsächlich auf das Enterobakterium zurückzuführen sind, könne nicht eindeutig geklärt werden.

Ein Zusammenhang mit den Fällen an der Charité gibt es laut Klinikum nicht: Zwar zählen auch die in Berlin aufgetretenen Serratien zu den Enterobakterien, es handele sich aber um zwei verschiedene Unterstämme, so Klinikumssprecherin Damaris Hunsmann.

Wie berichtet hatte erst Ende Oktober der Tod eines Frühgeborenen in Berlin für Aufsehen gesorgt. Dort war ein Kind im Deutschen Herzzentrum nach einer Herz-OP gestorben. Das Neugeborene war durch eine Keiminfektion geschwächt, die es sich vermutlich im Virchow-Klinikum in der Charité zugezogen hatte. Dort waren insgesamt sieben Säuglinge an einem Serratien-Bakterium im Blut erkrankt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt an der Charité wegen fahrlässiger Tötung und auch wegen fahrlässiger Körperverletzung. Auch die Charité hatte die Öffentlichkeit nur verzögert informiert: Wie erst im Oktober bekannt wurde, sind die ersten Keime auf der Station bereits Anfang Juli festgestellt worden. Für die Frühchenstation gab es einen Aufnahmestopp. Die Ursache der Infektionskette wurde von extra bestellten Experten noch immer nicht gefunden. Allerdings steht inzwischen fest, dass die Infektionen nicht von Babypflegeprodukten verursacht wurden. Vermutet wird, dass sich der Keim aufgrund mangelnder Hygienemaßnahmen verbreiten konnte.

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