SERIE: Darwins Gärten Eine Frage der Anpassung
Warum der Rot-Klee die Hummeln liebt
Stand:
Im gegenwärtigen Darwin-Jahr erläutern Biologen des Botanischen Gartens der Universität Potsdam in den PNN die Evolutionstheorie und weitere grundlegende Beiträge Darwins zur modernen Biologie am Beispiel der Pflanzen.
Der Rot- oder Wiesen-Klee (Trifolium pratense) ist eine wohlbekannte einheimische Wiesenpflanze. Er ist durch praktisch ganz Europa über Westasien bis zum Himalaya verbreitet und wird in vielen anderen Teilen der Welt mit gemäßigtem Klima als Viehfutterpflanze angebaut. Seine Blüten werden durch langrüsslige Hummeln bestäubt, nur diese können durch die lange Blütenröhre den Nektar erreichen; Bienen mit ihren relativ kurzen Rüsseln gelingt dies nur, wenn die Blütenröhre des Klees zuvor von einer kurzrüssligen Hummel aufgebissen wurde. Solcher Nektarraub ist zwar für die kurzrüssligen Insekten erfreulich, aber für die Pflanzen unbefriedigend, da dabei keine Bestäubung stattfindet.
In seinem epochalen Buch „Der Ursprung der Arten“ erläuterte Darwin die gegenseitige Anpassung von Blüten und blütenbesuchenden Insekten als ein Beispiel für Evolution: Wenn in einer Region keine langrüssligen Hummeln mehr vorkämen, müsste der Rot-Klee dort ebenfalls aussterben. Falls sich allerdings rechtzeitig vorher eine an kurzrüsslige Blütenbesucher angepasste Form des Rot-Klees entwickelt hätte oder Bienen mit längeren Mundwerkzeugen entstanden wären, könnten diese gemeinsam weiter überleben.
Eine aktuelle wissenschaftliche Studie belegt, dass heute zwei Drittel aller Arten von Hummelfutterpflanzen in Großbritannien im Rückgang sind, darunter auch der Rot-Klee. Anscheinend gleicht die Ansaat als Viehfutter den Rückgang in Heuwiesen und Weiden nicht aus. Ursachen dafür sind sowohl Nutzungsintensivierung als auch Nutzungsaufgabe. Der dadurch ausgelöste Schwund an pflanzlicher Vielfalt verursacht offenbar auch einen Rückgang von langrüssligen Hummeln. Darwin sähe sich bestätigt.
Charles Darwin selber konnte mit seinen blütenbiologischen Kenntnissen das „Aussterben“ des von europäischen Siedlern nach Neuseeland eingeführten Rot-Klees überzeugend erklären: Die extra mitgebrachten Bienenvölker hatten einfach zu kurze Mundwerkzeuge für die Bestäubung. Das neuseeländische Klee-Problem wurde dann auf seinen Rat hin durch die Einfuhr von vier Hummelarten aus England gelöst. Paradoxerweise ist eine davon, die Erdbau-Hummel (Bombus subterraneus), in England inzwischen ausgestorben. Ein Konsortium englischer Naturschutzorganisationen betreibt nun ein Programm zur Rückansiedlung dieser Art mit Hummeln aus Neuseeland. Michael Burkart
Rot-Klee und andere Wiesenpflanzen werden am Sonntag ab 14.30 Uhr in einer Führung im Botanischen Garten gezeigt.
Michael Burkart
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: