
© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN
Das Ende der Potsdamer Villa Louis Hagen: Ein Baudenkmal der Moderne wird abgerissen
Eines der wenigen Originale des Neuen Bauens in der Landeshauptstadt verschwindet. Auf dem Grundstück am Jungfernsee soll ein Neubau entstehen.
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Wer am Jungfernsee spazieren geht, für den ist sie eine vertraute Erscheinung: die verfallene Villa Louis Hagen in der Bertinistraße, ein avantgardistisches Gebäude im Bauhaus-Stil. Das 1897 errichtete Haus ist denkmalgeschützt und eines der seltenen Beispiele des Neuen Bauens in Potsdam. Dennoch wird es nun abgerissen: Bereits am Samstag hatten Passantinnen und Passanten beobachtet, wie ein Bagger die Fassade der Villa abtrug.
Die Abrissgenehmigung lag bereits seit 2009 vor: Aufgrund des langen Leerstands nach der Wende war die Bausubstanz der Villa stark geschädigt. Die Stadt hatte damals mehrere Gutachten erstellen lassen, laut denen sowohl das Holz als auch das Mauerwerk vom Hausschwamm befallen waren. Für eine Sanierung hätte das Haus komplett auseinandergenommen werden und die darunterliegende Eisenkonstruktion statisch verstärkt werden müssen.

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Die Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt als auch das Landesamt für Denkmalschutz hatten dem Abriss damals zugestimmt. „Die Sanierung wäre ein höchst aufwendiges Verfahren mit entsprechendem Kostenaufwand“, hieß es dazu in der Begründung.
Eine ‚Perle‘ der Moderne geht da jetzt nicht verloren, eher ein Kuriosum.
Potsdams ehemaliger Stadtkonservator Andreas Kalesse, der sich lange um den Erhalt der Villa bemüht hatte.
Nach dem Abriss soll ein Neubau auf dem Grundstück entstehen. Wer der aktuelle Besitzer ist, konnte die Stadt aus Datenschutzgründen nicht sagen. Der zuletzt bekannte Eigentümer war der Berliner Unternehmer Lars Dittrich: Der Mitgründer der Handyladenkette Dug Telecom hatte die Villa Louis Hagen 2009 vom Investor Dirk Onnen gekauft.
Dittrich plante damals, „mit großem Respekt vor historischer Architektur“ einen Neubau zu errichten, bei dem „viele Elemente“ des Vorgängerbaus übernommen werden sollten. Auch die Kubatur sollte sich an der Villa Louis Hagen orientieren. Eine PNN-Anfrage an Dittrich blieb am Montag unbeantwortet.
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Neubaupläne bestätigt
Die Stadt bestätigte die Neubau-Pläne: „Die für das Bauvorhaben erteilte Baugenehmigung gilt sechs Jahre und muss spätestens mit Ablauf des siebenten Jahres fertiggestellt sein.“ Die Lage des Grundstücks ist exquisit: Die Villa Louis Hagen ist die einzige Villa, die direkt am Ufer des Jungfernsees liegt.
Der ehemalige Stadtkonservator Potsdams, Andreas Kalesse, hatte sich viele Jahre lang um den Erhalt des denkmalgeschützten Gebäudes bemüht: „Es gab gute Vorschläge, wie man den Bau hätte retten können.“ Leider habe sich die Eigentümergemeinschaft, die das Haus 2007 an Dirk Onnen verkauft hatte, schon weit vor 2004 dazu entschieden, den Weg zur Erhaltung nicht weiter zu verfolgen.

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Die architektonische Bedeutung der Villa sieht Kalesse differenziert: „Der Bau war kein eigenständiges Werk der klassischen Moderne, sonders ein Umwandlungsprodukt. Eine ‚Perle‘ der Moderne geht da jetzt nicht verloren, eher ein Kuriosum.“
Vom Blockhaus zum Märchenschloss
Tatsächlich sah die Villa zum Zeitpunkt ihrer Erbauung ganz anders aus: 1897 war sie im Stil eines norwegischen Blockhauses nach Entwürfen des Architekten Hagbarth Schytte Berg erbaut worden. Nach 1911 erfolgte der Umbau in eine Art Märchenschloss, von 1927 bis 1928 wurde sie in eine Bauhaus-Villa verwandelt.
Der jüdische Bankier Louis Hagen hatte das Haus 1919 gekauft und strebte eine fortschrittliche Architektur an, die seinem modernen Lebensstil entsprach: Im Sinne des Neuen Bauens wurde die ursprüngliche Blockbauweise durch eine glatte Holzverschalung ersetzt. Zur Ausstattung des Hauses gehörte unter anderem eine Turnhalle mit einem Dach aus Glasbausteinen, ein Duschraum mit 20 Seitenstrahlern und ein Schuppen für das elektrische Boot.
Hagen und seine Familie mussten in den 1930er Jahren vor den Nazis fliehen, nach dem Krieg geriet das Grundstück ins Grenzgebiet der DDR. Bis zur Wende wurde das Haus unter anderem als Rechenzentrum genutzt.
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