Landeshauptstadt: Das Exil der Skulpturen hat ein Ende Wilhelm-Groß-Arbeit wieder in Oranienburg
Oranienburg - Links vor den Altarraum stehen „Christus und die beiden schlafenden Jünger“. Die expressionistischen überlebensgroßen Skulpturen passen in die St.
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Oranienburg - Links vor den Altarraum stehen „Christus und die beiden schlafenden Jünger“. Die expressionistischen überlebensgroßen Skulpturen passen in die St. Nikolaikirche in Oranienburg wie dafür gemacht: Das dunkle Holz der Figuren, vor der grob geputzten Wand unter der hohen Holzdecke, darunter der Terrakotta-Fußboden – es ist der ideale Ort für die so genannte „Gethsemane-Gruppe“ des Oranienburger Bildhauers und Predigers Wilhelm Groß (1883-1975). Doch die Figuren kamen erst dieser Tage dort hin. Sie befanden sich 70 Jahre lang im Exil und wurden aus den Niederlanden nach Oranienburg überführt – anlässlich der Landesgartenschau Oranienburg als Dauerleihgabe mit Kaufoption. In Deutschland ist sie damit nach 1934 erstmals wieder öffentlich zu sehen.
Wilhelm Groß wurde aufgrund seiner jüdischen Wurzeln nach 1934 diskriminiert. Die Gethsemane-Gruppe war 1934 am Pariser Platz in Berlin ausgestellt und gelangte auf Umwegen damals nach Holland, nach Utrecht. In Deutschland wäre sie wohl von den Nationalsozialisten zerstört worden. Groß hatte eine hervorragende Ausbildung erfahren. Er kannte Max Liebermann, August Gaul und Louis Tuaillon, auch der Kunstmäzen Geheimrat Arnhold unterstützte den jungen Künstler. 1908 gewann Groß den Florenzpreis des Deutschen Künstlerbundes und ging dann für drei Jahre nach Italien. Dort lernte er Ernst Barlach und Max Klinger kennen.
In der Zeit des Ersten Weltkriegs erhält Groß den entscheidenden Impuls für seine Kunst und für seine zutiefst christliche Haltung. Von da an ist seine Kunst auch immer Verkündigung. In diesem Zusammenhang steht auch die Gethsemane-Gruppe, die sich auf das Matthäus -Evangelium,. Kapitel 26 bezieht. Die Nationalsozialisten wollen Wilhelm Groß anfangs vereinnahmen, doch als bekannt wurde, dass Groß jüdische Wurzeln hat, wird er boykottiert, erhält Berufsverbot. Nur im Raum der Kirche kann er noch tätig sein. Mit seiner sakralen Kunst protestiert er auch gegen die Nationalsozialisten, er bezeugt seinen Glauben eindrucksvoll mit seinen Skulpturen und gehört zum Brandenburger Bruderrat der Bekennenden Kirche.
Wilhelm Groß lebt und gestaltet seinen Glauben konsequent, wird 1945 zum Prediger ordiniert, erhält 1953 die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg. Heute zeigt sich langsam Interesse an diesem so überaus faszinierenden Menschen und seiner Kunst. In seiner Heimat in Pommern, wo heute noch Kunstwerke von Groß, wie der Marktplatz-Brunnen in Rügenwalde (heute Darlowo), stehen, kümmert man sich seit ein paar Jahren wieder um den Künstler. Und Oranienburg hat man mittlerweile eine Straße in Eden nach Wilhelm Groß benannt, 2004 erschien im Wichern-Verlag eine Monografie. „Es ist auch für Oranienburg wichtig, diesen Künstler und seine Kunst zu präsentieren, er steht für die Geschichte der Kunst in Oranienburg und der bekennenden Christen“, begründet dann auch Pfarrer Arndt Farack das Engagement der Nikolai-Gemeinde, die hofft, dass sie die Gruppe in fünf Jahren kaufen kann. Rund 50 000 Euro werden dafür noch benötigt. Am Sonntag wurde eine Ausstellung mit Werken von Groß in St. Nikolai eröffent, die auch während der Landesgartenschau geöffnet ist. Natalie Gommert
Natalie Gommert
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