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Diesmal nur virtuell dabei. Prinz Charles (r.) im April 2009 mit Schellnhuber.

© dpa

Landeshauptstadt: Das Fieber senken

In Potsdam erörtern in dieser Woche Wissenschaftler aus aller Welt die Konsequenzen des Klimwandels

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Jägervorstadt – Durch das Foyer des Dorint-Hotels läuft ein junger Mann mit einem riesigen Stapel Unterlagen. Das sei für die Pressekonferenz, sagt er, es hätten sich plötzlich viel mehr angemeldet als erwartet. Tatsächlich ist aus der deutschen Medienwelt alles da, was Rang und Namen hat. Die Spannung ist groß. Die Erwartungen auch. Drei Tage haben über 300 Teilnehmer ein ganzes Hotel fast für sich allein. Seit Montag sind in Potsdam Wissenschaftler aus aller Welt zur ersten internationalen Konferenz für Klimafolgen versammelt. Die Journalisten hängen an ihren Lippen, jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt.

Wer auf neue Horrorszenarien gehofft hatte, wird allerdings enttäuscht. Dürren, Überschwemmungen, sich ausbreitende Krankheiten, all das sind bereits bekannte Folgen des Klimawandels. Und erst vor wenigen Wochen wurde ermittelt, dass die Erdatmosphäre nun so viel Treibhausgas enthält wie seit zehn Millionen Jahren nicht mehr. Dass der Planet sich erwärmt und dass der Mensch etwas damit zu tun hat, das habe die Wissenschaft mittlerweile eindeutig geklärt, sagte der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Hans Joachim Schellnhuber. Die Frage sei nun, was die Konsequenzen daraus sind. „Eine äußerst schwierige Frage“, so der Kopf des weltweit renommierten Potsdamer Instituts, das die Konferenz „Impacts World 2013“ zusammen mit internationalen Partnern auf die Beine gestellt hat. Denn was bedeute es für die Stabilität von Gesellschaften, wenn etwa in Südafrika die Lebensmittelproduktion sich um ein Vielfaches verteuere. Das sind Fragen, die nicht nur Klimaforscher beschäftigen, vielmehr sind mittlerweile Wissenschaftler der verschiedensten Disziplinen damit befasst. Die Erforschung der möglichen Folgen sei viel breiter und fragmentierter als bislang angenommen. Dazu nun also dieses Treffen in Potsdam, hier sollen die Disziplinen zusammengebracht werden, hier soll eine Vision für die weitere Zusammenarbeit entstehen.

Dazu hat Hans Joachim Schellnhuber diese geballte Forschungsexzellenz gebündelt. Rückendeckung bekommen die Forscher von den weltweit wichtigen politischen Institutionen: Vereinte Nationen, Weltbank, Europäische Union und einzelne nationale Regierungen sind die Interessenten der Ergebnisse der Klimaforschung. Auch sie sagen, dass es höchste Zeit zum Handeln ist und dass die Öffentlichkeit ein möglichst genaues Bild bekommen müsse, was die einzelnen Regionen der Welt erwartet. Dass der Klimawandel nicht abgesagt ist, nur weil die ökonomische Krise den Blick auf die längerfristige Bedrohung verstellt. Die EU-Kommissarin für Klimaschutz Connie Hedegaard sagte, dass die Wirtschaftskrise mit der sozialen Krise und der Klimakrise zusammengedacht werden müsse. Nur so würden sich alle drei Krisen lösen lassen.

Auch einen alten Freund hatte John Schellnhuber, wie er unter Kollegen liebevoll genannt wird, eingeladen. Der britische Thronfolger Prinz Charles, der immer wieder gerne die brandenburgische Landeshauptstadt besucht, war zumindest per Video-Botschaft virtuell anwesend. Mit britischem Understatement, freundlich und bestimmt, sagte er, dass es keine Zeit mehr gebe zu warten. Warum? Weil ein Mediziner bei einem akut fiebernden Patienten auch nicht auf Laborergebnisse warten könne. Er müsse sofort handeln. So verhalte es sich auch mit der fiebernden Erde. Und diejenigen, die solch ein Fieber senken können, haben sich nun in Potsdam versammelt. Jan Kixmüller

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