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Ulla Jasper in ihrem Teppichgeschäft im Holländischen Viertel.

© Andreas Klaer

Hilfe vom Teppichgeschäft in Potsdam: "Das Geld muss nach Nepal"

Seit mehr als 20 Jahren bezieht Ulla Jasper ihre Teppichwaren aus Nepal. Anlässlich der Erdbebenkatastrophe setzt sie alles in Bewegung, um zu helfen.

Stand:

Potsdam - Wer beim Betreten des Potsdamer Teppichfachhandels Jasper bunte Orientteppiche und Räucherspäbchenduft vermutet, liegt falsch. Die beiden Verkaufsräume in der Hebbelstraße sind klar strukturiert, die Designs der Auslegware klassisch und modern. Obwohl der Laden montags geschlossen hat, stehen die Türen an diesem Tag weit offen: Ulla Jasper, die das Geschäft hier vor drei Jahren eröffnet hat, legt eine Sonderschicht ein. Seit Samstag habe sie kein Auge zugetan, seit der Erdbebenkatastrophe in Kathmandu, in der Tausende Menschen ums Leben kamen.

Ihre Sorgen sind berechtigt: Denn die Teppichmanufaktur ihres nepalesischen Zulieferers befindet sich mitten in der Hauptstadt. Seit Tagen versucht sie per E-Mail und SMS Kontakt aufzunehmen und erhielt am Dienstag endlich die Nachricht: „Der ganzen Familie geht es gut.“ Mit „Familie“ meint sie alle 50 Mitarbeiter der Firma, vom Herstellungsleiter bis zum Teppichknüpfer. „Dass alle unversehrt sind, ist ein Wunder,“ sagt sie.

Spenden beim Teppich-Kauf

Dennoch ist sie aufgelöst angesichts der Geschehnisse und legte sofort los: Ein Spendenkonto wollte sie errichten, aber so einfach ging das nicht. Also nahm sie kurzerhand Kontakt zu Freunden in Frankfurt auf und wurde zu Klaus Fasold, geschäftsführender Stiftungsrat der „Keep the World Foundation“, vermittelt. In wenigen Stunden ließ sie dort ein Spendenkonto einrichten, unter dem Stichwort „Nepal Erdbeben“ kann das Geld nun fließen. Gleichzeitig vermittelte sie der Foundation Ansprechpartner vor Ort, „die genau sagen können, wo das Geld gebraucht wird“. Noch mehr finanzielle Unterstützung soll ein „Charity Sale“ ermöglichen. Die Schilder für ihren Laden sind schon bestellt, sobald sie eintreffen, kann es losgehen. „Unfassbar, was man in 24 Stunden so anschieben kann“, wundert sie sich selbst. Ein paar Prozent können die Besucher beim Kauf eines Teppichs dann spenden – so oder so ähnlich, das genaue Konzept stehe noch nicht.

Viel zu viel geht durch Ulla Jaspers Kopf, die Worte überschlagen sich. „Wir müssen was tun“, fasst sie ihre Gedanken zusammen. Schon klingelt das Telefon und sie verschwindet ins Hinterzimmer, in ihr Büro. Ein Kunde möchte eine Bestellung abgeben. Knapp 90 Prozent ihrer Teppiche sind Auftragsarbeiten. „Haben Sie das von Nepal gehört? Ja, deshalb dauert das bestimmt einen Monat länger... Ja, spenden kann man bestimmt auch per Paypal“, hört man sie sagen. Als sie zurückkommt, strahlt sie, die Kunden seien sehr verständnisvoll. Zu denjenigen, die sich die 800 bis 1200 Euro pro Quadratmeter Teppich leisten können, gehören auch prominente Klienten, aber „über Namen spricht man nicht“. Auch den Namen des nepalesischen Partners möchte sie nicht nennen. „Aber er ist ein junger Mann mit Familie. Und er war auch schon hier“, verrät sie.

Wer überleben will, muss weitermachen

Seit dem Tod ihres Mannes vor zehn Jahren war sie selbst nicht mehr in Südasien. Umso mehr verwurzelt ist sie mittlerweile in Potsdam. Kurz nach der Wende sei sie das erste Mal mit zwei Berliner Journalisten hier gewesen, und habe sich sofort in die Stadt verliebt. Gemeinsam mit ihrem Mann betrieb sie zuvor ein großes Geschäft in Frankfurt am Main. Das gab sie auf und zog nach Potsdam. Ulla Jasper schmeißt den Laden nicht nur alleine und macht die Designs. Auch ihre Skulpturen stehen zum Verkauf in den Räumen und in der Hinterkammer zeigt sie noch mehr Schätze: Jetzt, wo es darauf ankommt, rücke sie auch ihre Gemälde heraus. Jasper ist eigentlich Malerin. Die Bilder sollen nun verkauft werden „das Geld muss nach Nepal“, sagt sie, und „20 Prozent pro Teppich beim Charity Sale spenden wir direkt an die Manufaktur, oder was meinen Sie?“

Ulla Jasper ist schon wieder einen Schritt weiter. Sie ist engagiert – weil ihr die Menschen, mit denen sie arbeitet, am Herzen liegen. Eigene Existenzängste, falls die Lieferungen länger ausbleiben, habe sie keine. Dann bestelle man eben mal ein paar Teppiche beim Großmarkt, wie die anderen, und einen Bekannten, der Perserteppiche fertigt, gebe es auch noch. Lieferverzögerungen seien so neu ja auch nicht, Elektrizitätsausfälle, kein Wasser oder Feiertage, „ja, Feiertage gibt es sowieso ständig“, sorgen oft für Verspätungen.

Ruhig schlafen kann sie aber sicher erst wieder, wenn alle zum Alltagsgeschäft übergehen. In Südasien geht das erfahrungsgemäß schnell – wer überleben will, muss weitermachen. Auch Jasper.


Weitere Information: Überblick über Spendenkonten >>

Rita Orschiedt

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