
© Manfred Thomas
Fête de la musique fällt in Potsdam aus: Das Hoffen war vergebens
Die „Fête de la Musique“ ist endgültig abgesagt – für eine Neuauflage stellen die Veranstalter Forderungen.
- Henri Kramer
- Katharina Wiechers
Stand:
Die Suche nach Rettungsmöglichkeiten war vergebens: Das Musikfestival „Fête de la Musique“ fällt in diesem Jahr definitiv aus. Das teilten die Veranstalter am Montag mit – und verbanden ihre endgültige Absage mit Kritik sowie Forderungen an die Adresse der Stadtverwaltung, damit das kostenlose Fest der Potsdamer Musikszene 2015 wieder stattfinden kann.
Konkret klagten die Veranstalter, der Kulturtänzer-Verein, die Gesprächsbereitschaft der Stadtverwaltung sei zu spät gekommen. „Wir haben lange abgewogen, aber behördliche Genehmigungen oder Produktion der Werbemittel waren ehrenamtlich nicht mehr organisierbar“, sagte Vereinssprecher Raiko Moeller.
Am 25. April hatten die Veranstalter das Festival abgesagt – damals mit der Begründung, die Stadt Potsdam habe Ende März überraschend ihre Förderung von 10 000 Euro im vergangenen Jahr auf 6000 Euro gesenkt. Danach hatte die Stadtverwaltung gemeinsam mit dem Verein nach Lösungsmöglichkeiten gesucht, auch die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci signalisierten finanzielle Unterstützung. Doch es half nichts. Insofern zeigte sich Potsdams Kulturdezernentin Iris Jana Magdowski (CDU) enttäuscht: „Ich habe Verständnis für die Entscheidung, bedaure sie aber.“ Sie verstehe allerdings, „wenn ehrenamtliches Engagement an seine Grenzen stößt – darüber werden wir noch sprechen müssen“. Zugleich betonte sie, die Entscheidung zur Kürzung des Etats habe eine unabhängige Jury getroffen. Ein Problem sei die diesjährige Kürzung der Projektmittel um 20 000 Euro gewesen – wie berichtet war das eine Folge der Millionenzahlungen an die Schlösserstiftung zur Vermeidung eines Parkeintritts für Sanssouci.
Bei der Féte sollten am 21. Juni mehr als 240 Musiker auf 30 Bühnen spielen, weltweit wird das Fest an diesem Tag gefeiert. Allein in Potsdam kamen im vergangenen Jahr rund 12 000 Besucher. Zusätzliche Brisanz hatte das diesjährige Aus für das Musikfestival gewonnen, weil im April auch das traditionelle Weberfest in Babelsberg und das Tulpenfest im Holländischen Viertel abgesagt wurden – einmal wegen Planungsquerelen zwischen Stadt und Veranstalter, einmal wegen prinzipieller organisatorischer Probleme.
Einen größeren Zusammenhang zu diesen Rückschlägen für das kulturelle Leben in der Stadt stellte am Montag der Kulturtänzer-Verein her. „Um eine Finanzierung mit Planungssicherheit nicht nur für uns, sondern auch für andere ehrenamtlich organisierte Veranstaltungen zu ermöglichen, muss sich die Förderpolitik und die Kommunikation seitens der Stadt ändern“, teilte der Verein mit. Zugleich veröffentlichte der Verein zusammen mit einer neu gegründeten Initiative „Kulturlobby Potsdam“ (siehe Kasten) ein Positionspapier zur künftigen Förderpraxis wiederkehrender Feste und Festivals. Darin forderten sie einen angemessen ausgestatteten Festivaletat. Über Fördermittelanträge müsse schneller entschieden werden. Bei der Stadt werde ein Ansprechpartner für die fachliche Unterstützung und die Hilfestellung bei Antrags- und Genehmigungsverfahren benötigt, so eine weitere Forderung. Magdowski sagte, die Kultuverwaltung sei offen dafür, die Vorschläge zu diskutieren – etwa im Zuge der begonnenen Fortschreibung der kulturpolitischen Konzepte für die Stadt.
Unterstützung erhielten die Kulturaktivisten von Hermann Voesgen, Professor an der Potsdamer Fachhochschule für Kultur- und Projektarbeit und bis vor zwei Jahren Vorsitzender des Beirats für kulturelle Projektförderung in der Stadt. Den PNN sagte er, die Absage zeige ein strukturelles Problem in Potsdam. Schließlich tage der Projektbeirat immer erst Anfang Januar – zu spät für die Veranstalter von Festen in der ersten Jahreshälfte. Eine Lösung wäre aus seiner Sicht, die Antragsfrist für die Projekte in der ersten Jahreshälfte schon im September enden zu lassen und eine Entscheidung bis Weihnachten zu fällen. „Jetzt haben wir die ungute Situation, dass die Antragsteller lange warten und mit dieser Unsicherheit leben müssen.“
Ein weiteres Problem sei die Tatsache, dass solche Feste, die seit Jahren stattfinden, nicht wirklich in die Projektförderung passten. Nach zwei oder drei Jahren sollte aus Voesgens Sicht entschieden werden, ob die Veranstalter ein festes Budget bekommen oder nicht. „Im Falle der Fête fände ich eine dauerhafte finanzielle Zusage der Stadt in jedem Fall begrüßenswert. Das ist ein großartiges Fest, verteilt auf die ganze Stadt und an ganz unterschiedlichen Orten.“ Insgesamt stehe Potsdam im Vergleich zu anderen Städten aber nicht schlecht da. Potsdam rage zwar nicht gerade hervor, sagte Voesgen. Allerdings sei der Projekttopf vor etwa zwei Jahren wesentlich erhöht woren. „Das zeigt ja, dass akzeptiert wurde, dass Projektförderung wichtig ist.“ Die Reduzierung der Mittel sei daher nicht zu begrüßen.
Die neu gegründete „Kulturlobby Potsdam“ geht aus der Initiative Alte Brauerei hervor, die sich wegen des ersatzlosen Wegfalls von dutzenden Proben- und Atelierräumen in dem Gebäudekomplex am Leipziger Dreieck gegründet hatte. Nach dem Protest will die Initiative nun unter neuem Namen weitermachen, man versteht sich als gemeinsames Dach für Kreativwirtschaft und unabhängige Kultur in Potsdam. Ziele seien etwa die Information der Öffentlichkeit und der Politik und langfristige Lösungen für das Problem mangelnder Kreativräume. Die Initiative ist unter www.kulturlobby.de zu erreichen. (PNN)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: