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Interview zu Mieten in Potsdam: „Das Land ist in der Pflicht“

Rainer Radloff vom Brandenburger Mieterbund spricht im PNN-Interview über steigende Mieten in Potsdam und sagt, was sich ändern muss.

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Herr Radloff, seit 25 Jahren gibt es den Mieterbund in Brandenburg. Morgen gibt es dazu im Kongresshotel eine Festveranstaltung. Mit welchen Problemen kommen die Mieter zu Ihnen?

Heute geht es meist um Betriebskostenabrechnungen. Die werden häufig gar nicht mehr vom Vermieter, sondern von Fremdfirmen gefertigt. Unsere Berater, qualifizierte Rechtsanwälte, prüfen dann, ob alles korrekt abgerechnet wurde. In 95 Prozent der Fälle finden wir einvernehmliche Lösungen. Außerdem geht es um Wohnungsmängel: In Neubauten oder nach Sanierungen bildet sich oft Schimmel. Dann muss geklärt werden, wer verantwortlich ist.

Warum sind die steigenden Mieten in Potsdam nicht das Hauptproblem?

Potsdam hat einen qualifizierten Mietspiegel. Da ist die Rechtslage meistens klar. Das ist ein gutes Instrument für Transparenz und Friedensstiftung zwischen den Mietparteien.

Wie beurteilen Sie die Mietentwicklung und den Wohnungsmarkt in Potsdam?

Anders als in anderen Gebieten Brandenburgs wandern hier viele Menschen zu. Die Nachfrage übersteigt rund um Berlin das Angebot. Da die Neubauten meist frei finanziert werden, sind die Mieten dann vergleichsweise hoch.

Woran mangelt es?

Es fehlen geförderte Wohnungen in großer Zahl. Außerdem gibt es nicht genug kleine, preiswerte Wohnungen für Studenten und Rentner. Senioren und Singlehaushalte bleiben deshalb häufig in größeren Wohnungen, weil sich ein Umzug in einer kleinere nicht lohnt.

Was sollte gegen den Mangel unternommen werden?

Wir brauchen neue Sozialwohnungen. Da tut sich auch etwas. Das Land ist in der Pflicht, die Förderrichtlinien so zu überarbeiten, dass sie auch private Investoren ansprechen. Der soziale Wohnungsbau sollte nicht nur an der Pro Potsdam hängen bleiben. Außerdem sollte das Land zügig die Mietpreisbremse einführen. Wir erwarten, dass das noch in diesem Jahr passiert.

Was kann die Stadt Potsdam selbst tun?

Als Grundstücksverkäufer sind die Stadt und ihre Gesellschaften selbst Akteure. Man kann nicht Marktpreise für Bauland verlangen und teure Tiefgaragen von den Bauherren fordern und dann von den Vermietern billige Mieten erwarten. Grundstücksvergaben sollten an sozial verträgliche Mieten gekoppelt werden. Außerdem sollte die Stadtpolitik daran denken, dass Erhöhungen der Grundsteuer, von Müll- oder Straßenreinigungsgebühren auch die Wohnkosten erhöhen. Wir hoffen da auf eine Sensibilisierung.

Welche Parallelen sehen Sie zu der Zeit vor 25 Jahren?

Wohnungsmangel gab es seinerzeit auch. Große Teile des Altbaubestandes waren praktisch unbewohnbar. Damals mussten wir viel über das neue Mietrecht aufklären. Außerdem gab es große Verunsicherung wegen der Rückübertragung von Häusern an Alteigentümer.

ZUR PERSON: Rainer Radloff ist Vorsitzender des Brandenburger Mieterbundes. Der 67-Jährige leitet auch den Mieterverein Potsdam. Der Jurist lebt in einer Mietwohnung im Kirchsteigfeld.

Die Fragen stellte Marco Zschieck.

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