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Landeshauptstadt: Das Loch in der Mitte – und was bisher geschah

Antworten auf Fragen, die in der Debatte um den Landtagsneubau auf dem Alten Markt immer wieder gestellt werden

Stand:

Wie viel soll der Landtagsbau kosten?

Weniger als die Ausrichtung des G8-Gipfels in Heiligendamm, mehr als ein einfaches Bürohaus vergleichbarer Größe. 83,5 Millionen Euro sind für den Bau veranschlagt – ohne Grundstück, Tiefgarage und die notwendigen Umbauarbeiten am Alten Markt. Das hat die Studie des Darmstädter Architekturbüros „waechter + waechter“ ergeben, die im Februar 2006 vorgelegt worden ist. Damit blieben die Kosten für den Neubau unter den im März 2005 vom Finanzministerium errechneten Baukosten: Danach koste ein Parlamentsneubau mit historischer Schlossfassade am Alten Markt 140 Millionen Euro. Ein „zeitgemäßer Neubau“ an gleicher Stelle würde 125 Millionen Euro kosten.

Wer soll ihn nutzen?

Der Landtagsneubau wird für 150 Parlamentarier eines gemeinsamen Bundeslandes Brandenburg-Berlin mit dem Parlamentssitz Potsdam geplant. Bis zu einer Länderfusion, deren Zeitpunkt nicht fest steht, soll der Landesrechnungshof mit in den Landtagsneubau einziehen.

Wer bezahlt den Neubau?

Das Land Brandenburg will den Neubau durch ein privates Unternehmen errichten lassen und dann für 30 Jahre mieten. Als Vorteil dieser PPP (Private Public Partnership)-Modelle gilt, dass das Land nicht die komplette Bausumme gleich bezahlen muss, sondern jährliche Raten in Form einer Miete bezahlt. Es ist eine Art von Leasing. Die Gelder dafür kommen aus dem Landeshaushalt.

Wer entwirft den Landtagsbau?

Sechs nationale und internationale Konsortien, deren Namen noch nicht öffentlich bekannt gegeben worden sind, haben sich nach einem Interessenbekundungsverfahren beim Land Brandenburg als mögliche Bauherren heraus kristallisiert. Die großen Baukonzerne haben jeweils Architekturbüros an ihrer Seite, die nach den Vorgabe des Auftraggebers „Land Brandenburg“ einen Landtag entwerfen.

Was muss nach bisherigen Vorgaben des Landes historisch aufgebaut werden?

Den Architekten wird nach bisherigen Plänen das Aussehen der Kopfbauten vorgegeben. Diese beiden Häuser hin zum Alten Markt sollen historisch nach Knobelsdorff wieder aufgebaut werden. Bei der Gestaltung der Seitenflügel und des Südflügels hin zum Lustgarten sollen die Architekten Freiräume bekommen. Sie sollen sich jedoch, so hat es das Land bislang festgeschrieben, an dem historischen Bau orientieren. Den Stadtschloss-Befürwortern ging diese Regelung nicht weit genug, sie wollten die Grundrisse sowie die Höhen des Neubaus an den Maßen des früheren Stadtschlosses festgeschrieben sehen.

Wer entscheidet, welcher Entwurf gebaut wird?

Ein Gremium, bestehend aus bislang neun Mitgliedern (darunter Jann Jakobs), soll per Matrix die Entwürfe bewerten. Dabei sollen sowohl Baukosten und Betriebskosten als auch die Architektur bewertet werden. Die Benotung fließt per Bewertungsmaßstab in eine Gesamtnote zusammen.

Was müsste bis zu einem Baustart vorbereitet werden?

Knapp ein Drittel des Stadtschlossgrundrisses wird derzeit anders genutzt. Der Neubau erfordert daher die Verlegung unterirdischer Leitungen sowie eine neue Verkehrsführung an der Auffahrt zur Langen Brücke.

Was kosten die Bauvorbereitungen?

Für die archäologischen Grabungen auf dem Schlossgrundriss sind 2,5 Millionen Euro veranschlagt. Die Gesamtkosten für den Umbau der Straßen- und Tramverkehrsführung zwischen Breite Straße und Lange Brücke schwanken in den Prognosen zwischen 30 und 40 Millionen Euro. Allein eine neue Trambrücke soll 10,5 Millionen Euro kosten. Ein Großteil der Kosten, die die Stadt finanzieren muss, soll über Fördermittel des Bundes und des Landes aufgebracht werden.

Was passiert, wenn die Pläne für einen Landtagsneubau am Alten Markt scheitern?

Der Landtag hat sich eine kleine Auszeit gegeben, in der um den Parlamentssitz am Alten Markt gerungen wird. Sollte die Stadt weiterhin keinen B-Plan beschließen, droht das Projekt komplett zu scheitern. Einen privaten Investor für den Wiederaufbau samt Nutzung soll es derzeit nicht geben. Politiker befürchten daher, dass die Aufbaubemühungen auf Jahre zurück geworfen werden.

Können die für den Neubau vorgesehenen Gelder auch in die Sanierung von Kitas und Schulen investiert werden?

Das Land und die Stadt sagen einhellig „Nein“. Sollte es keinen Neubau geben, werden die Mittel wahrscheinlich für die Sanierung des bestehenden Landtages genutzt, der Differenzbetrag wird auf andere Projekte im Land verteilt.

Gab es andere Standorte für den Neubau?

Die Frage nach dem Standort wurde ein ganzes Jahrzehnt lang gestellt – die Antworten beinhalten fast jede freie Fläche in der Potsdamer Innenstadt. Anfang Juni 1998 sprach sich der damalige Bauminister Hartmut Meyer (SPD) für die Speicherstadt als Landtagssitz aus. Ein neues Gebäude auf dem Brauhausberg wurde in einem Gutachten der Berliner Architektenbüros Fissler & Ernst vorgeschlagen. Als Möglichkeit wurde auch ein Bau zwischen dem Hauptbahnhof und Zentrum- Ost auf den Nuthewiesen geprüft. Seit Mitte der 90er-Jahre ist der Alte Markt im Gespräch. Auch Berlin wurde immer wieder leise als Parlamentssitz Brandenburg- Berlins gehandelt. Im Jahr 2000 sprach sich der damalige Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) dafür aus, zwei Jahre später der heutige PDS-Bundesgeschäftsführer Lothar Bisky. Die Linkspartei hatte das Grundstück des früheren Palais Barberini als Landtagsplatz vorgeschlagen.

Wurden andere Nutzungen für ein wieder aufgebautes Stadtschloss geprüft?

Eine geheime Stadtschloss-Studie hatten die PNN am 8. März 2001 auf einer Sonderseite veröffentlicht. Dabei prüfte das Unternehmen Andersen fünf Alternativen: Ein „Palais Royal“ nach Pariser Vorbild (Einschätzung der Planer: Einzige Variante, bei der das Schloss mit historischer Fassade aufgebaut werden kann), ein modernes Hotel-Kongress-Center (alternative Empfehlung I), ein Kongressschloss (Alternative II), Hotel im Schloss und Kongresse im Palais Barberini (kein Favorit), Schloss als Museum (chancenlos) sowie Hotel im Schloss und Kongresse am Standort der Fachhochschule (verworfen). Auch das Bundesverfassungsgericht überlegte 2001 einen Umzug ins Stadtschloss, der Gedanke wurde verworfen.

Was sprach gegen diese Pläne?

Fast immer scheiterten die Varianten an der Finanzierung des Wiederaufbaus des Stadtschlosses. Das „Palais Royal“ mit Stadthäusern in den Seitenflügeln und Museumsnutzung im Südflügel galt als Bau mit wenig Zentrumsfunktion sowie zu wenig belebend für die Innenstadt. jab

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