ATLAS: Das Mindeste
Sabine Schicketanz meint, die Stadt soll den Israelis helfen
Stand:
Potsdams Stadtverwaltung hat offenbar einen Präzedenzfall auf dem Tisch: Was soll mit den bisher acht Menschen aus Nordisrael geschehen, die aus dem Kriegsgebiet als „Touristen“ zu ihren Potsdamer Verwandten geflüchtet sind? Bürokratisch gesehen ist die Situation paradox. Denn die aus der ehemaligen Sowjetunion stammenden Juden haben die israelische Staatsangehörigkeit. Mit dieser können sie drei Monate in Deutschland bleiben – als Touristen. Allerdings haben die Menschen ihre Reise nicht ganz freiwillig angetreten. Da sie noch nicht lange in Israel leben, haben sie dort keine Verwandten, bei denen sie unterkommen könnten – diese leben in Potsdam, allerdings meist von Sozialhilfe. Da reichen weder Geld noch Platz, um über drei Monate mehrere Menschen unterzubringen und zu versorgen. Nun muss die Stadt entscheiden: Zahlt sie Hilfeleistungen an „Touristen“ aus, weil sie aus einem Gebiet kommen, in dem ein nicht erklärter Krieg herrscht? Auch auf die Gefahr hin, dass sie damit einen Präzedenzfall schafft – die Stadt sollte das tun, was ihr möglich ist. Das wäre nicht nur im Sinne der Menschlichkeit. Sondern auch im Sinne der bisher praktizierten Ausländerpolitik der Stadt Potsdam. Diese ist von Toleranz und einem Bemühen um Integration geprägt. Das sollte auch jetzt zum Tragen kommen: Zunächst endlich in Gesprächsbereitschaft der Stadt, dann in einer Unterkunft für die Israelis im neuen Übergangsheim für jüdische Zuwanderer in der Turmstraße und einer angemessenen finanziellen Unterstützung. Wer dies nicht so sieht, sollte sich vorstellen, in einem Gebiet zu leben, auf das Bomben fallen – und in dem fast zwei Millionen Menschen auf der Flucht sind. Den wenigen zu helfen, die dabei nach Potsdam gekommen sind, ist da das Mindeste.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: