Von Henri Kramer: Debattieren in Groß Glienicke
Einweihung einer Entwässerungsanlage wird zum Schlagabtausch über ungelöste Streitpunkte des Ortsteils
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Groß Glienicke - Die Terminankündigung klang langweilig: Der städtische Verantwortliche für Grün- und Verkehrsflächen, Frank Steffens, sollte gestern Vormittag am Friedrich-Günther-Park in Groß Glienicke über die neue Entwässerungsanlage für das Areal informieren. Das allerdings geriet fast zur Nebensache. Vielmehr zeigte die Veranstaltung, wie viele Streitpunkte in dem Ortsteil noch ungelöst sind und wie unnachgiebig sich die Kontrahenten dabei gegenüber stehen.
Gleich zu Anfang sorgte der Grünen- Stadtverordnete Andreas Menzel für Wirbel. Er wollte mit seiner Bürgerinitiative für ein freies Groß Glienicker Seeufer protestieren, hatte die Demonstration aber laut einem anwesenden Polizisten nicht exakt für die Fläche des Friedrich-Günther-Parks angemeldet. Der Polizist drohte Menzel eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz an. Menzel monierte eine Einschränkung seiner Meinungsfreiheit. Und plötzlich blickte er auf seinen Intimfeind, den Groß Glienicker Ortsvorsteher Peter Kaminski, wünschte sich lauthals dessen „Grinsen“ weg und bezeichnete den Linke-Stadtverordneten als „ehemaligen NVA-Offizier“. Kaminski winkte nur ab. Schließlich löste Menzel die Demonstration auf, um den Ausführungen zur Entwässerungsanlage zu lauschen.
Auch diese Anlage hat mit Menzels Wirken zu tun. Schon im September 2007 wies er darauf hin, dass der Park, der noch heute schlicht aussieht wie eine bewachsene Kuhle, regelmäßig überflutet. Es werde zu viel Regenwasser von frisch asphaltierten Straßen in den Park geleitet, so Menzel damals – ein 100 000 Euro teures Entwässerungssystem sei überlastet.
Fast drei Jahre später präsentierte die Stadtverwaltung gestern eine neue Lösung. Nun sollen vier Sickerschächte und eine unterirdische Versickerungsanlage insgesamt bis zu 120 000 Liter Wasser fassen, sagte Verwaltungsmann Steffens. Zugleich könne die Parklandschaft nun bis 2014 neu gestaltet werden, etwa mit Bänken oder einem Kiosk. Die Aufwertung des Ortsteils, so Steffens, habe 250 000 Euro gekostet. Nun fragte Menzel nach: „Sie haben hier nun teuer einen Schaden behoben, wer in der Verwaltung haftet dafür?“ Steffens wies das zurück: „Was hätten wir denn anders machen sollen?“ Zugleich räumte Steffens aber ein, dass die Verwaltung in der Vergangenheit für mehr Entwässerung hätte sorgen müssen. Doch nun setzte Menzel nach. „Hier geht doch sowieso niemand spazieren“, sagte er. Steffens widersprach: Spaziergänger mit Hunden könnten das Areal nutzen. Doch von außerhalb würde er nicht extra in den Park reisen, gab Steffens zu.
Kurz darauf musste sich Steffens erneut wehren: Mitglieder der neuen Bürgerinitiative gegen den geplanten Ausbau der Seepromenade erregten sich über die Pläne: „Es kann nicht wahr sein, dass Sie die schönen Alleebäume fällen wollen.“ Steffens musste dagegen halten: „Wir sind keine Grünvernichter.“ Doch maximal 49 der 90 Bäume an der Straße müssten gefällt werden. „Wir schaffen aber Ersatz.“
Auch Kaminski verteidigte nun die Pläne für den Ausbau, unter anderem mit Umweltschutzgründen. „Anders werden wir den Plan, das Regenwasser aus dem Ort nicht mehr ungefiltert in den Groß Glienicker See einzuleiten, technisch nicht lösen können.“ Denn über der geplanten Einleitstelle sei die Seepromenade nicht mehr stabil und müsste erneuert werden. Dazu kämen Sicherheitsaspekte für ältere Fußgänger. Doch die Gegner wirkten nicht überzeugt. „Dann wird hier viel mehr Verkehr fließen“, sagte eine Frau. Dazu sei der Ausbau sowieso sinnlos – der beliebteste Weg in Groß Glienicke sei der gesperrte Uferweg. Wenn der frei sei, müsse niemand auf der parallel verlaufenden Seepromenade gehen, die sowieso keinen Blick auf das Wasser zulasse. Kaminski sagte dagegen: „Aber die Planungen für die Promenade laufen schon seit acht Jahren, schon viel länger als der Uferweg gesperrt ist.“ In Groß Glienicke bieten auch langweilige Termine viel Debattenstoff.
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