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Dieser Luchs wurde in einem Waldgehege fotografiert. In freier Wildbahn bekommt man ihn kaum zu Gesicht.

© dpa

Von Steffi Prutean: Dem wilden Luchs auf der Spur

Seit Jahren sucht Manfred Fischer in märkischen Wäldern Spuren der Großkatze

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Kehrigk/Eberswalde - Sie sind scheu, extrem vorsichtig, selten und sprichwörtlich hellhörig. Mal geben Fährten Hinweise, mal ein getötetes Beutetier, dass auch in Brandenburg Luchse heimisch sind. Seit Jahren sucht Manfred Fischer aus Kehrigk in der Oder-Spree-Region südlich von Berlin Spuren dieser Großkatzen, die selten jemand zu Gesicht bekommt. Fischer geht der Frage nach, ob in den märkischen Wäldern wirklich Luchse leben. An die 60 Aufzeichnungen hat er bisher gesammelt und sogar selbst 2008 einen Luchs gesichtet.

„Einen Luchs sehen, dass ist wie ein Sechser im Lotto“, sagt der 73- jährige Diplom-Forstingenieur, der immer noch viel Zeit im Wald verbringt. Fotos von Luchs-Fährten sowie Luchs-Rissen hat Fischer archiviert. Die helle getupfte Großkatze tötete mal ein Ferkel, mal ein Lamm. Auch auf Bäumen oder Hochsitzen abgelegte Beutestücke dokumentierte er. „Solche Schnitte, bei denen der Kopf sauber abgebissen wird, macht der Luchs“, berichtet Fischer, der auch Fachbücher schreibt. Auch gingen die Wildbestände, wie Reh- und Muffelwild, in der Region zurück, was auf die Raubkatze hindeute.

Zum Luchs kam Fischer über einen Berufskollegen, der ihm von einem 1975 bei Strausberg östlich von Berlin erlegten Tier berichtete. „Der Luchs ist im Naturkundemuseum Berlin zu sehen“, sagt Fischer. Jahre später sei er im Raum Hangelsberg und Storkow wieder auf einen Luchs gestoßen. Im Laufe der Jahrzehnte sahen Fachleute, darunter Jäger, 16 Mal einen Luchs an verschiedenen Stellen im süd-östlichen Brandenburg und informierten Manfred Fischer. 1994 kam ein etwa halbjähriger Luchs bei einem Unfall zu Tode. Das päparierte Tier steht bei einem Jäger in der Niederlausitz: „Das ist ein Nachweis, dass sich Luchse in unserer Region fortpflanzen“, ist sich Fischer sicher.

Die Untere Jagdschutzbehörde Oder-Spree nimmt Hinweise Fischers ernst. Es gebe in der Region seit Jahren Beobachtungen, nur fehle „der letzte wissenschaftliche Nachweis“, sagt Behördenmitarbeiter Matthias Fochtmann, der zugleich Wolfsbeauftragter ist. Er zweifle nicht an der Existenz von Luchsen, ein Foto gebe es aber nicht. Der Luchs könnte eingewandert sein oder aus einem der kleinen Tiergehege stammen, die es früher in sowjetischen Militärkasernen gab. Als die Armee ging, ließ sie die Tiere laufen. „Vielleicht war da auch ein Luchs dabei.“ Für den Brandenburger Wolfsbeauftragten Jürgen Goretzki ist klar: „Definitiv haben wir in Brandenburg Luchse.“ Sie seien vielleicht aus einem Zoo entwichen oder illegal freigesetzt worden, meint er. Luchse lebten sehr streng in einem bestimmten Territorium. „Die neigen nicht zur Ausbreitung wie Wölfe“, sagt der Wissenschaftler vom Johann Heinrich von Thünen-Institut Eberswalde (Barnim).

Der Präsident des Landesumweltamtes, Matthias Freude, und auch der Landesjagdverband wollen die Existenz von Luchsen im Märkischen nicht ausschließen. „Gesicherte Nachweise, so wie beim Wolf, liegen nicht vor“, meint ein Sprecher des Jagdverbandes. Freude erinnert an die drei „Zooflüchtlinge“, die im Herbst 2002 aus einem Tierpark in Potsdam-Mittelmark ausbüxten: Ein Tier wurde eingefangen, eins kam ums Leben und eins blieb im Wald. Dass der unter Artenschutz stehende Luchs in Brandenburg heimisch werden könnte, ist für Freude nur eine Frage der Zeit. „Wir werden aber keine Luchse aktiv aussetzen.“

Steffi Prutean

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