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Landeshauptstadt: Den Kunden aufs Dach gestiegen

Dachdeckermeisterin setzt die Familientradition der Grubes fort

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Golm – Wären nicht Ururgroßvater, Großvater und Vater seit 1907 Dachdeckermeister gewesen, wer weiß, welchen Beruf Nicole Grube (29) ergriffen hätte. Aber so stand nach Schulabschluss und einigen Praktika für sie und die Familie fest: Nicole setzt die inzwischen über 100-jährige Familientradition fort. Seit dem 1. Juli – es ist gleichzeitig das 25-jährige Firmenjubiläum, Vater Gerhard machte sich 1983 selbstständig – ist sie nun auch die Firmenchefin des Grubeschen Handwerksbetriebes in Golm.

Dass eine Frau den Leuten aufs Dach steigt, ist – Gleichberechtigung hin oder her – noch immer die Ausnahme. Nicole war bei ihrer Lehrlingsausbildung jedenfalls die einzige Frau in der Klasse und auch bei der Meisterausbildung gab es in ihrem Jahrgang keine weibliche Konkurrenz. Einmal entschlossen, in die Fußstapfen der Vorfahren zu treten, absolvierte Nicole ihre Ausbildung zügig hintereinanderweg, erwarb 1998 den Gesellenbrief und war ein Jahr später schon Deutschlands jüngste Dachdeckermeisterin. Dass der Vater (55) die Betriebsgeschicke jetzt in ihre Hände legt, kommentiert er scherzhaft: „Sie ist lange genug hinter mir hergelaufen. Das reicht jetzt.“ Doch Nicole relativiert: „In der Firma wird sich nicht viel ändern. Eigentlich haben wir nur auf dem Papier die Seiten gewechselt. Seine Meinung ist mir immer noch genau so wichtig wie vorher.“ Auch ihren Mitarbeitern gesteht sie zu, dass die wahrscheinlich schneller die Ziegel aufs Dach bringen als sie selbst. Aber vormachen können sie der Chefin nichts, die hat ihr Handwerk schließlich von der Pike auf gelernt hat.

Inclusive der Familienmitglieder hat der Handwerksbetrieb 11 Mitarbeiter und übernimmt neben ganz normalen Dachdeckerarbeiten auch Restaurierungen oder das Eindecken historischer Dächer zum Beispiel mit Holzschindeln. Die bekamen eine Mühle in Potsdam, eine bei Rostock und eine in Vitte auf Hiddensee. Diese Arbeiten gehören zum Steckenpferd von Gerhard Grube, der aber auch seine Leute in solchen alten Techniken schult und sie für Aufgaben in der Denkmalpflege fit gemacht hat. So erhielt das Schloss Sanssouci durch den Golmer Handwerksbetrieb eine Biberschwanzeindeckung nach historischem Vorbild. Vater Gerhard, nun bei der Tochter angestellt, wird sich künftig den handwerklichen Finessen ausschließlicher widmen können, während die Tochter den Laden schmeißt, sich um Aufträge und Baustelleneinrichtungen und die Organisation kümmert.

Im Moment muss er allerdings erst einmal das Bett hüten. Denn – war es die Aufregung vor dem Firmenwechsel oder nur ein unglückliches Geschick – ausgerechnet drei Tag vor den Feierlichkeiten fiel Gerhard Grube von der Leiter und muss nun erst einmal einen Schlüsselbeinbruch auskurieren. Hella Dittfeld

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