Landeshauptstadt: Der beste Bonbondreher
Paul Gerlein vom Potsdamer Katjes-Werk ist Deutschlands bester Azubi im Süßwarenhandwerk
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Es hört sich an wie der Berufswunsch eines kleinen Kindes: Jeden Tag in einer Süßigkeitenfabrik arbeiten. Genau das tut Paul Gerlein aus Potsdam: Der 26-Jährige arbeitet in der Potsdamer Katjes-Fabrik und fertigt tagtäglich aus Zucker süße Köstlichkeiten zum Lutschen, Kauen und Knabbern. Vor Kurzem hat Gerlein seine Ausbildung beendet und dabei großes Können bewiesen: Am morgigen Freitag wird er als bester Azubi im Süßwarenhandwerk Brandenburgs ausgezeichnet, und am 9. Dezember bekommt er in Berlin sogar einen Preis als bundesweit bester Azubi.
Für seine praktische Prüfung fertigte Paul Gerlein drei Gesellenstücke an: eine Weichkaramelle mit Johannisbeer-Minz-Geschmack, eine Eigenkreation. Außerdem macht er noch ein herkömmliches und ein gefülltes Bonbon – und überzeugte seine Prüfer auf ganzer Linie. „Es hat ihnen wirklich gut geschmeckt“, sagt Gerlein stolz. Auch bei den theoretischen Fragen erzielte er Spitzenergebnisse: Dafür mussten die Azubis wissen, welche Rohstoffe man für welche Produkte einsetzen muss, wie man die Bonbon-Masse auf die optimale Temperatur bringt oder wie man verhindert, dass am Ende die ganze süße Maschine verklebt ist.
Das Süßwarenhandwerk darf man sich nicht wie die Arbeit eines Konditors vorstellen: Gearbeitet wird weniger mit Teig und Schokolade, sondern vor allem mit Zucker, auf dessen Grundlage dann Bonbons, Karamellen oder Fruchtgummis entstehen. Da es sich um eine recht spezifische Fachrichtung handelt, gibt es in ganz Deutschland nur einen Ort, an dem man zum Süßwarenhandwerker ausgebildet wird: die Süßwaren-Akademie in Solingen bei Düsseldorf. Zwischen seinen Praxisphasen im Potsdamer Katjes-Werk war Gerlein dort immer wieder für drei bis sechs Wochen, um mit rund 100 anderen Azubis aus dem ganzen Bundesgebiet zu lernen, wie man Süßes in allen Farben und Formen fertigt.
Während ein Großteil der Arbeit in der Fabrik eher an Maschinen stattfindet, war in Solingen Handarbeit angesagt: Kekse herstellen, Schokoladentafeln und Gummibärchen gießen und die richtigen Temperaturen für Zuckermassen schätzen – ohne Thermometer. Außerdem durften die Auszubildenden mit Geschmacksrichtungen experimentieren, was laut Gerlein nicht immer gelingt: „Ich musste auch schon mal 20 Kilo Bonbonmasse wegschmeißen, weil der Geschmack misslungen war“, verrät der 26-Jährige.
Ein Süßkram-Freak ist Gerlein aber nicht: „Ich esse schon ab und zu mal was Süßes, aber nicht täglich“, sagt er. Zwar habe er bereits in der Schule mit Zuckermassen experimentiert, wirklich prägend sei dies aber nicht gewesen. Was ihn an dem Beruf gereizt habe, sei hingegen die große Vielfalt, die es bei Süßwaren gibt, sagt Gerlein: „Das prägt den deutschen Markt einfach: Es gibt unheimlich viele Produkte, die alle ganz unterschiedliche Spezifikationen haben.“
Bis 2016 will Gerlein nun noch seinen Meister machen – in Solingen. Pläne, sein eigenes Süßwarengeschäft zu eröffnen und sich selbstständig zu machen, hat er aber nicht: „Das ist im Süßwarenhandwerk sehr schwierig, da muss man schon zu den Großen gehören. Meister will ich zum einen aus persönlichem Ehrgeiz werden, vor allem aber wegen der besseren Aufstiegschancen.“
Auch bei Katjes freut man sich über die Auszeichnung ihres Azubis, denn es ist das erste Mal überhaupt, dass der Bundesbeste im Süßwarenhandwerk von Katjes kommt: „Meist sind es eher die großen Hersteller wie Storck oder Jacobs Suchard“, sagt Manfred Kappler, Leiter der Potsdamer Katjes-Fabrik. Seit 2006 hat das Unternehmen mit Hauptsitz in Emmerich am Rhein eine Niederlassung in Babelsberg – die Übernahme der Granini-Bonbons hatte das neue Werk nötig gemacht. In der „gläsernen Fabrik“ in der Wetzlarer Straße stellen knapp 100 Mitarbeiter jährlich mehrere Tausend Tonnen Bonbons in über 20 Sorten her. Der Erfolg seines Auszubilden macht Werksleiter Kappler stolz: „Wir wussten, dass er ein sehr gutes Ergebnis erreichen würde“, sagt er, „aber dass er deutschlandweit der Beste wird, damit hatten wir nicht gerechnet.“ Erik Wenk
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