
© S. Rübensaat/ Bauernzeitung
Von Henri Kramer: Der Hopfen-Prinz
Christoph Hintze ist der drittbeste Azubi der deutschen Bierbrauer – gelernt hat er sein Handwerk in Potsdam
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Die Botschaft auf dem gelben Schild über der schweren Stahltür ist eindeutig. „Warnung vor Gasansammlungen – Erstickungsgefahr.“ Bis zu diesem Sommer hat Christoph Hintze die Tür jeden Tag durchquert und die stählernen Tanks im Keller dahinter begutachtet. Nun ist der 23-Jährige wieder hier. Er zeigt auf eine Art Leitung, die aus einem der Tanks ragt „Das ist ein Ventil gegen zu viel Druck. Wenn es das nicht gäbe, würden die Tanks platzen.“ In jedem der Stahlbehälter gären 3800 Liter Bier. Gerstensaft für die Braumanufaktur „Forsthaus Templin“ ganz im Süden Potsdams.
Obwohl der junge Mann den Gärkeller in der Potsdamer Brauerei seit Monaten nicht mehr besucht hat, kann er noch jedes Detail minutenlang erklären. Das liegt wohl auch daran, dass sich Christoph Hintze am Ende seiner Ausbildung zum Beruf des Brauers und Mälzers noch einmal besonders intensiv mit seinem Job auseinandersetzen musste – mit Erfolg. Denn beim diesjährigen Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks errang er den dritten Platz im Bundeswettbewerb der Nachwuchs-Bierbrauer. Gestern Nachmittag ist er dafür offiziell von Brandenburgs Arbeitsminister Günter Baaske (SPD) ausgezeichnet worden. Mit dem jetzigen Leben von Christoph Hintze hatte der Nachmittag aber nicht mehr viel zu tun: Inzwischen absolviert er ein Freiwilliges Soziales Jahr.
Am Abend zuvor steht der junge Mann an alter Wirkungsstätte, um über seine Ausbildung und seinen Preis zu sprechen. Eine klischeehafte Frage, die sich bei einem Bierbrauer aufdrängt, beantwortet er zu Beginn gleich von selbst: „Man hat hier viel mit Maschinen zu tun, die Verantwortung ist groß – da kann man es sich nicht leisten, betrunken zu sein.“
Der Rundgang nach diesen Worten beginnt bei einem riesigen Kupferkessel. Darin werden Wasser und Gerstenmalzschrot vermischt und erhitzt, die sogenannte Maische entsteht. Christoph Hintze erklärt genau, wie nun Enzyme die Stärke aus dem Malz in Zucker verwandeln. „Beim Brauen sind Biologie und Chemie extrem wichtig.“ Ein paar Arbeitsschritte später ist ein „Malzwürze“ entstanden, eine Masse, die später mit Hopfen in einem Sudkessel gekocht wird. Das herb-würzige Aroma der Hopfenblüten hängt überall in der Brauerei in der Luft. Wie intensiv es riecht, fällt Christoph Hintze erst jetzt wieder auf: „Manche haben damit wohl ein Problem, ich finde den Geruch aber angenehm.“
Wie der Duft des Hopfens gehören auch andere Details zum Alltag des Brauerei-Handwerks. Da sind beispielsweise die drastischen Temperatur-Unterschiede zwischen Sudhäusern mit bis zu 50 Grad und kühlen Kellern mit maximal drei Grad. „Da brauchst du einen stabilen Kreislauf, besonders im Sommer.“ Und manche Arbeitsschritte – etwa das Einfüllen von Pfandflaschen in eine riesige grüne Waschanlage oder das Abfüllen des fertigen Biers in Fässer – können über Stunden hinweg durchaus langweilig wirken, wie Christoph Hintze erzählt. Doch das stört ihn nicht, er wirkt pragmatisch. „Ich wollte nach dem Abitur etwas Praktisches machen – und mit etwas muss man ja sein Geld verdienen.“
Und die Chancen für die Zukunft des 23-Jährigen stehen nicht schlecht, viele Berufsmitbewerber in seinem Alter gibt es nicht. Denn die Ausbildungssituation im Brauerei-Gewerbe sieht ähnlich aus wie bei anderen Handwerksberufen, sagt Ute Maciejok von der Potsdamer Handwerkskammer (HWK). „Es gibt zu wenig geeignete Bewerber, weil die Schülerzahlen aktuell immer weiter zurückgehen“, so die HWK-Sprecherin. So gäbe es in der Internet-Lehrstellenbörse ihrer Kammer aktuell noch 165 Angebote für alle möglichen Berufe zu finden.
Seine Wahl hat Christoph Hintze bereits getroffen. Nach dem sozialen Jahr will er wieder ins Handwerk, sich vielleicht zum Braumeister fortbilden. Er grinst. Und sagt: „Meine Kumpels wissen, dass es bei mir immer Bier gibt.“
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