Landeshauptstadt: Der König wird geschreddert
Nach mehreren Attacken muss die „Friedrex“-Figur des Berliner Künstlers Werner Kließ vor dem Neuen Palais entfernt werden / Stiftung erwägt Anzeige
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Sanssouci - Er war ein Blickfang vor der großen „Friederisiko“-Ausstellung im Neuen Palais: die Steh-Auf-Figur „Friedrex“ des Berliner Künstlers Werner Kließ. Besucher sollten die zwei Meter hohe Skulptur ausdrücklich anfassen, anschubsen, umarmen oder auch niederringen. Aber das Konzept eines „lebensfrohen Königs“, das sich der Bildhauer und Maler zusammen mit der Schlösserstiftung ausgedacht hatte, ist nicht einmal einen einzigen Tag ohne Blessuren aufgegangen. „Friedrex“ liegt nach drei Attacken zerstört am Boden. Der Pappkörper ist am Dienstag in der Mitte mutwillig zerbrochen worden, sodass eine Reparatur nach genauer Begutachtung nicht mehr möglich ist. Bei zwei vorherigen Angriffen waren bereits Nase und Zopf sowie die Gewichte im Innern lädiert worden. Diese Schäden konnte Werner Kließ am Wochenende noch einigermaßen beheben, wenn auch dafür der König buchstäblich in Ketten gelegt werden musste – damit er niemandem auf die Füße fällt. Nun wird die ganze Figur geschreddert.
„Es ist natürlich recht bitter, wie wenig respektvoll mit einem Kunstwerk umgegangen wurde“, sagt Werner Kließ. „Der Alte Fritz hat die Franzosen, Russen und Österreicher überstanden. Mein Friedrex aber hat die Rechnung ohne die Potsdamer gemacht. Die haben ihn geschafft.“ Genau wie der frühere ZDF-Produzent, der unter anderem Sendungen wie „Derrick“ oder „Ein Fall für zwei“ verantwortete, tappt auch die Schlösserstiftung über die Hintergründe im Dunkeln. „Die Angriffe sind zwar während der normalen Öffnungszeit der Ausstellung passiert, wurden aber vom Wachpersonal nicht beobachtet“, sagt Reinhard Alings, Kurator und kaufmännischer Leiter der Ausstellung: „Auf jeden Fall muss es sich mindestens um zwei Täter gehandelt haben, denn so ein großes Steh-Auf-Männchen lässt sich nicht allein auf den Boden drücken und demolieren.“
An Spekulationen über die Hintergründe der Attacken im viel besuchten Ehrenhof des Neuen Palais wolle sich die Stiftung nicht beteiligen. Bekanntlich gibt es in Potsdam eine starke Gruppe von Gegnern der Erinnerung an Friedrich II., die schon während der Feier zum 300. Geburtstag des Monarchen am 24. Januar lautstark ihren Unmut geäußert hatte. Über eine Anzeige gegen Unbekannt bei der Polizei hat die Stiftung bisher noch nicht entschieden.
Wahrscheinlich kehrt „Friedrex“ aber in kleinerer Form doch noch auf die Mopke vor dem Neuen Palais zurück. „Ich habe noch ein 1,60 Meter hohes Exemplar zu Hause“, berichtet Werner Kließ. „Dieser Friedrich in Lebensgröße könnte dann im Besucherzelt vor dem Ehrenhof stehen.“ Dort würde der Platz zwar nicht zum Anschubsen und Umarmen ausreichen. Aber er stünde unter Bewachung – zumindest tagsüber.
Zur Eröffnung der Ausstellung hatte sich die Figur als beliebtes Foto-Motiv erwiesen. Am ersten Wochenende der Friedrich-Schau hatten rund 4200 Besucher den Weg ins Neue Palais gefunden, wie die Schlösserstiftung mitteilte. Bis zum Abbau der Ausstellung am 28. Oktober rechnet die Stiftung mit Hunderttausenden Gästen.
„Ich habe mich vom Titel der großen Ausstellung ,Friederisiko’ inspirieren lassen“, sagt Werner Kließ: „Ohne Risiko ging ja bei ihm nichts und selbst aus scheinbar ausweglosen Lagen ist er immer wieder aufgestanden.“ Genau das zeige auch das Steh-Auf-Männchen. Bei der Schlösserstiftung sei er mit seinem „König zum Anfassen“ sofort auf Wohlwollen gestoßen. Im Shop werden auch Miniatur-Figuren von „Friedrex“ angeboten: Sie sind nur 21 Zentimeter groß und kosten 85 Euro. Claus-Dieter Steyer
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