Sport: Der lange Aufstieg
1972 erfüllte sich Peter Frenkel den Traum von Olympiagold, 30 Jahre später den Wunsch, auf den Kilimandscharo zu steigen. Auf einem Lauf-Seminar erzählt er davon. Auch Waldemar Cierpisnki kommt
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Es war Liebe auf den ersten Blick. Eine Faszination, die ihn nicht mehr losließ, bis er sie ausgelebt hatte. Als Peter Frenkel das erste Mal den Kilimandscharo sah, war er 31 Jahre alt, einer der besten Geher der Welt und Olympiahoffnung der damaligen DDR. 1970 trainierte der Potsdamer in der Höhe der Bergwelt von Tansania am Fuße des Kibos, wie der höchste Berg Afrikas genannt wird. „Während wir bei nahezu 35 Grad im Schatten Mühe hatten, das Tagespensum von mehr als 30 Kilometern zu absolvieren, glänzte zum Greifen nahe der Kibo vor uns“, erzählt Frenkel.
Am 25. Oktober wird der Olympiasieger von München und spätere Sportfotograf im Rahmen eines Läufer-Wochenendes im Seminaris-Hotel Potsdam von seiner ersten Begegnung und späteren Bekanntschaften mit dem Berg berichten. Er wird vom Verhältnis zwischen ihm als Sportler und der fast 6000 Meter hohen Faszination erzählen und Fotoaufnahmen der einzigartigen Bergwelt zeigen. Bereits einen Tag zuvor wird der zweifache Marathon-Olympiasieger Waldemar Cierpinski in einem Seminar zu erleben sein (siehe Kasten links).
Als Frenkel 1971 ein zweites Mal in Arusha, der Stadt am Fuße des Kilimandscharos, trainierte, waren auch die einstigen Läufer-Asse des damaligen ASK Vorwärts Potsdam wie Bernd Dießner und Peter Haase dabei. „Damals haben wir zum ersten Mal eine Ahnung bekommen, was für Talente da schlummern“, erinnert sich Frenkel an eine Trainingseinheit, bei der Kinder und Jugendliche barfuß und scheinbar mühelos neben ihnen herliefen. Einer von ihnen war der zu diesem Zeitpunkt 17-jährige Filbert Bayi, der nur wenige Jahre später über 1500 Meter und die Meile Weltrekorde lief und in Tansania zum Volkshelden wurde. „Er ist später auch mal in Potsdam gelaufen“, weiß Frenkel.
Für Peter Frenkel wurde das Training in der Höhe, das Ausdauersportler leistungsfähiger macht, zu einem Schlüssel seiner erfolgreichen Karriere. Nach seinem Olympiasieg 1972 gewann er vier Jahre später in Montreal über die 20 Kilometer noch einmal Olympiabronze, mehrfach ging er Weltrekorde. Bereits während seiner aktiven Zeit als Sportler entdeckte Frenkel die Fotografie für sich. Er lernte das Fotografen-Handwerk, studierte an der Fachschule für Angewandte Kunst Berlin-Potsdam und danach an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, arbeitete für Zeitungen und Verlage und wurde Mitbegründer von Camera4, einer der renommiertesten deutschen Sportfoto-Agenturen.
Die Maßgabe, die ihn in der Jugend einer seiner ersten Mentoren mit auf den Weg gab: „Mach es richtig oder lass es!“, wurde zum ständigen Begleiter. Auch bei der Sportwahl. „Eigentlich wollte ich Läufer werden“, sagt Frenkel, „doch da war ich nicht talentiert genug und etwas zu schwer.“ Also entschied er sich fürs Gehen, „was ich zunächst unglaublich schwierig fand. Es dauerte eine Weile, bis ich begriffen hatte, dass ich mich im Training schinden muss und mich bewusst identifiziert habe, mit dem was ich mache.“
Die Suche nach Herausforderungen, sportlicher Ehrgeiz, die Verbundenheit zur Natur, das erlernte Handwerk, Faszinierendes mit der Kamera einzufangen und die bis dahin unerfüllte Liebe zum Kilimandscharo – all das kam zusammen, als Frenkel 30 Jahre nach seiner ersten Begegnung mit dem Kibo die Möglichkeit bekommen sollte, sich den Traum von einer Besteigung zu erfüllen. Er sollte für einen Reiseveranstalter eine Exkursion auf das Dach Afrikas begleiten und fotografieren. Da war Frenkel 60 Jahre alt und er fragte sich, ob es nicht zu spät für ein solches Unterfangen wäre. „Schließlich kommt man in Regionen, wo der Körper rebelliert“, sagt er. „Doch meine Zuversicht und der unbändige Wunsch, den Traum von damals noch Wirklichkeit werden zu lassen, triumphierte.“ Frenkel weckte den Sportler in sich, bereitete sich akribisch vor, überließ in der Vorbereitung nichts dem Zufall. Es braucht keine alpinen Fähigkeiten, um auf den Kili zu steigen, „wohl aber die Bereitschaft, an seine Leistungsgrenze zu gehen, in physischer, mehr noch in mentaler Hinsicht“, sagt Frenkel. Inzwischen weiß er das aus mehrfacher, eigener Erfahrung: Fünfmal hat er Gruppen bei dem tagelangen Aufstieg bis zum Uhuru Peak, der Kili-Spitze, begleitet.
Frenkel ist heute 75 Jahre alt. Die Liebe zum Kilimandscharo und die Leidenschaft, darüber zu erzählen, sind jung wie am ersten Tag.
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