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Landeshauptstadt: Der Lebensretter

Seit 40 Jahren wacht der Potsdamer Detlev Mohr über Prerows Badegäste

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Wenn andere Urlaub machen und ihre Ferien am Ostseestrand genießen, gibt es für Detlev Mohr aus Potsdam nur einen Platz: Den Rettungsturm. Seit 40 Jahren wacht der 57-Jährige im Ostseebad Prerow über die Badegäste und stürzt sich noch immer ohne zu Zögern in die Fluten wenn es gilt, Menschen vor dem Ertrinken zu retten – egal bei welchem Wetter. Gleichzeitig ist Mohr seit 20 Jahren für die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) tätig, deren Vize-Präsident er ist. Für sein ehrenamtliches Engagement auf nationaler und internationaler Ebene im weltweiten Kampf gegen das Ertrinken wurde Mohr am 5. Dezember im Schloss Bellevue von Bundespräsident Christian Wulff (CDU) mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet – zusammen mit 27 anderen Ehrenamtlern, unter ihnen auch Schauspieler Jan Josef Liefers. „Ich betrachte diese Auszeichnung für mich als stellvertretend für 1000 andere ehrenamtliche Rettungsschwimmer“, so Mohr. „Ich bin nur einer von vielen.“

Tatsächlich war der gebürtige Dessauer, der seit über 30 Jahren in Potsdam lebt, anfangs nur einer von vielen Jungen, die eine gemeinsame Leidenschaft hatten: Das Schwimmen. Mit elf Jahren trat er einem Schwimmsportverein bei, doch auf Dauer reichte das nicht: „Viele ältere Freunde von uns hatten bereits einen Rettungsschwimmschein gemacht; da wollte man natürlich nachziehen“, erinnert sich Mohr. 1971, mit 17 Jahren, absolvierte er die Rettungsschwimmer-Ausbildung. Er lernte, die Ursachen des Ertrinkens zu erkennen, mit Kälte umzugehen und auch in voller Kleidung zu schwimmen. In Folge war Mohr nicht nur in Prerow und im Katastrophenschutz tätig, sondern nahm auch regelmäßig an Wettkämpfen teil: Zwischen 1971 und 1976 war er viermal DDR-Meister im Rettungsschwimmen mit seiner Mannschaft sowie Meister in diversen Einzeldisziplinen. Neben seiner Aktivität als Sport- und Rettungsschwimmer fand Mohr auch noch Zeit für den Diplom-Abschluss seines Physik-Studiums. Außerdem sucht er Schiffe, genauer Schiffswracks, wie das der Darßer Kogge. Mohr vermisst die gesunkenen Boote und katalogisiert sie.

Um Menschen in Not zu helfen, hat Mohr sich schon oft in brenzlige Situationen begeben müssen: „Einmal waren wir für eine Suchaktion mit unserem Rettungsboot vier Kilometer von der Küste entfernt, bei Windstärke sieben und riesigen Wellen. Wir mussten mit der Motorhaube das Wasser aus dem Boot schöpfen; damals standen uns nur Sportboote mit 7,5 PS zur Verfügung.“ Allein im Ostseebad Prerow, wo Mohr jahrelang im Einsatz war, müssen bis heute jährlich 20 bis 50 Menschen gerettet werden: Kinder, die im Badeboot aufs Meer getrieben wurden, Badegäste, die sich wegen eines Krampfes nicht mehr über Wasser halten konnten, gestrandete Segelschiff-Insassen oder erschöpfte Surfer – Urlaubs-Alltag für Detlev Mohr. Es sei ein starker „Hilfsgedanke“, so der Potsdamer, der das Retten von Menschen für ihn zu einer Lebensaufgabe gemacht habe.

Nach der Wende gründete Mohr in Prerow einen Ortsverein der DLRG, die mit einer halben Million Mitglieder eine der größten Rettungsorganisationen der Welt ist. Als Technischer Leiter der DLRG war er zunächst an der gesamten Ostseeküste tätig und engagiert sich heute in ganz Europa. Im Rahmen der DLRG baute Mohr in vielen südosteuropäischen Ländern ehrenamtliche Strukturen zur Lebensrettung auf und kümmert sich bis heute um Präventionsarbeit: „Jährlich ertrinken in Deutschland rund 500 Menschen, viele davon Kinder“, sagt der heutige Vizepräsident der DLRG und Generalsekretär der International Lifesaving Federation of Europe (ILSE). Ein Fakt, der Mohr und die DLRG nach Schutzmaßnahmen suchen ließ: „Wir erkannten, dass ein Großteil der Kleinkinder vor allem im häuslichen Umfeld ertrinkt, zum Beispiel im Swimmingpool. Also sind wir in die Kindergärten gegangen und haben Aufklärungsarbeit bei Eltern und Kindern geleistet. Die Fälle ertrunkener Kleinkinder haben sich seitdem deutlich verringert.“ Neben all seinen ehrenamtlichen Tätigkeiten hat Mohr auch noch einen normalen Beruf: Er ist Direktor des Landesamtes für Arbeitsschutz in Potsdam.

Detlev Mohr ist Lebensretter durch und durch, auch dann, wenn er gerade nicht im Dienst ist: „Wenn ich mit einem Schiff fahre, setze ich mich immer ans Heck“, verrät er, „das ist etwas, was Rettungsschwimmern in Fleisch und Blut übergegangen ist, denn wenn jemand über Bord geht, hat man vom Heck aus noch die beste Chance, jemanden aus dem Wasser zu retten.“ Erik Wenk

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