
© A. Klaer
Von Peer Straube: Der linke Liberale
Sascha Krämer ist neuer Kreischef der Linken. Der 33-Jährige ist eins nicht – ein Parteisoldat
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Privat liebt er die rot-gelbe Koalition. Sascha Krämer ist mit der Schatzmeisterin der Potsdamer FDP liiert. Die Verbindung macht eines deutlich: Der neue Kreischef der Linken steht für eine andere liberalere Art von Politik, als man es von der Partei bislang gewohnt war – die reflexhafte Anti-Haltung gegenüber dem politischen Gegner, wie sie altgediente Parteikämpen gern pflegen, scheint bei ihm nicht zu greifen.
Wer ist dieser Mann, der mit 33 Jahren am Wochenende der Verbandschef auch des bislang übermächtig erscheinenden Hans-Jürgen Scharfenberg geworden ist? Geboren in Babelsberg, wuchs er in einer Diplomatenfamilie auf. Die Eltern waren beide in der SED, standen dem Regime jedoch am Ende kritisch gegenüber. Die Mutter ist heute Referentin im Oberbürgermeisterbüro des SPD-Manns Jann Jakobs; der Vater Dozent an der Universität Potsdam. „Wir waren schon immer eine politische Familie“, sagt Krämer. Das Studium der Politikwissenschaften an der Uni kann man daher schon fast zwangsläufig nennen. Hinzu kamen Praktika im Deutschen Städtetag und im damals noch vom CDU-Mann Jörg Schönbohm geführten Innenministerium Brandenburgs.
Doch die eigentliche politische Bühne betrat Krämer erst vor drei Jahren. Die klassische Parteisoldaten-Ausbildung in den Kaderschmieden der Linksjugend gab es nicht. 2007, als sich westdeutsche WASG und ostdeutsche Linkspartei zur gesamtdeutschen Linken vereinigten, trat Krämer in die Partei ein. Dann ging es schnell. Nach der Kommunalwahl 2008 wurde er schon in den Kreisvorstand gewählt und vom Übergangsvorsitzenden Günther Waschkuhn als Nachfolger aufgebaut. Kaum ein politisches Thema, zu dem sich Krämer nicht zu Wort meldete. Waschkuhn überließ ihm die Stellungnahmen. Dabei setzte er auch erste Duftmarken gegen Scharfenberg. Etwa beim Thema Garnisonkirche. Als die Landesregierung verkündete, das Wiederaufbauprojekt mit zwei Millionen Euro aus dem Vermögen der ehemaligen DDR-Parteien und Massenorganisationen zu fördern, kritisierte Krämer zwar die Verteilung der Mittel. Doch er schob auch die Bemerkung ein, die Linke sei „nicht grundsätzlich gegen das Projekt“ – ein wichtiger Nebensatz, der Scharfenberg sauer aufgestoßen sein dürfte.
Das Denken in Schubladen passt ihm nicht, weder in seiner Partei noch in anderen. Das gilt auch für den Umgang mit der DDR-Geschichte. „Man soll nicht alles schönreden, aber auch nicht alles verteufeln“, sagt er. Die Diskussion müsse „sachorientiert“ geführt werden.
Enge und langjährige Freunde bescheinigen Krämer Charaktereigenschaften, die in der Politik ebenso gefragt wie selten sind. Er denke überparteilich und habe die Fähigkeit, die Dinge im Kontext zu sehen, heißt es. Krämer kenne keine politischen Scheuklappen, sei kompromissfähig, könne aber auch mal „mit der Faust auf den Tisch hauen“.
Den „konstruktiv-kritischen Blick“ gesteht ihm auch Pete Heuer zu. Doch der langjährige Linke, der in diesem Jahr Fraktion und Parteibuch ins Sozialdemokratische tauschte, hat auch Zweifel, dass Krämer dem neuen Amt gewachsen ist. „Er hat nur wenige Jahre Zeit gehabt, um Erfahrungen zu sammeln“, sagt Heuer, der bekanntlich selbst Kreischef der Linken war, bevor er von Scharfenberg entmachtet wurde. „Und seinem Wahlkampf fehlte der Biss“, argumentiert er. Krämer hatte den Oberbürgermeisterwahlkampf für Scharfenberg gemanagt, der bei der Stichwahl nur 39 Prozent der Stimmen bekommen hatte.
Biss jedenfalls wird Krämer brauchen, wenn er Potsdams Linke verjüngen will. Anders als Heuer, der mit seinem unabgestimmten SPD-Linke-Papier die eigenen Genossen brüskiert hatte, setzt der Neue auf die innerparteiliche Diskussion. Vorschläge und Ideen werde er sich von der Basis absegnen lassen, sagt Krämer. Scharfenberg hält jedenfalls große Stücke auf ihn. „Spontan“ sei der und habe „viele Ideen, die den Linken helfen können“. Ein „hohes Maß an Eigenständigkeit“ traut ihm Scharfenberg zu.
Dass seine Linken-Karriere eine Belastung für die rot-gelbe Liebe sein könnte, glaubt Krämer nicht. „Zu Hause“, sagt er, „gibt es Wichtigeres als Politik“.
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