Landeshauptstadt: Der Mäuse-Weltmeister
Präparator Christian Blumenstein holte bei den Weltmeisterschaften in Salzburg Gold und Bronze nach Potsdam
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Die Wand der Präparationswerkstatt des Naturkundemuseums in der Hebbelstraße hängt voller Schleifen, die bei Europa- und Weltmeisterschaften errungen wurden. Nun kommt die Wertvollste hinzu: Aus Salzburg konnte Christian Blumenstein eine Goldmedaille und einen Weltmeistertitel vom World Taxidermy Championship mitbringen.
Mehr als 140 Präparatoren aus aller Welt, darunter 30 aus Deutschland, hatten sich vom 18. bis 24. Februar zur Weltmeisterschaft der Tierpräparatoren in der Mozartstadt ein Stelldichein gegeben und 1000 Präparate vorgelegt. Da war es natürlich eine besondere Ehre, mit der kleinen Gelbhalsmaus Weltmeister zu werden und für zwei sich balgende Jungfüchse auch noch Bronze einzuheimsen. Gleich nach der Rückkehr aus Salzburg gab es deshalb für den 39-jährigen Blumenstein Gratulation, Blumenstrauß und anerkennende Worte von der Bildungsbeigeordneten Gabriele Fischer (parteilos) und natürlich vom Chef des Naturkundemuseums Detlef Knuth, der die Ambitionen seines Mitarbeiters nicht nur unterstützt, sondern die Anerkennung auch nutzt, um auf die Qualität der Museumsausstellungen hinzuweisen.
Dabei blieb es allerdings, denn das dringend ersehnte „Geschenk“, auf das nicht nur Blumenstein wartet, liegt noch immer auf Eis: Der Umzug der Präparationswerkstatt in die Breite Straße 11 in unmittelbarer Nachbarschaft zum Naturkundemuseum. Seit langem schon entspricht die Werkstatt in der Hebbelstraße 1 nicht mehr den vielfältigen Anforderungen, die an die Präparatoren eines Museums gestellt werden. Es sei noch keine Entscheidung gefallen, erklärte Fischer gestern auf Nachfrage. Was sie nicht sagte: Seit Jahren fällt der Umzug bei der Haushaltsplanung dem Rotstift zum Opfer.
Neben Blumenstein konnten auch die Präparatoren aus Berlin und Sachsen-Anhalt Medaillen erringen, die sich gemeinsam mit dem Potsdamer auf die Weltmeisterschaft vorbereitet hatten. Sie alle verwendeten das Paraffinierungsverfahren, dass es schon seit den 1950er Jahren gibt und das von den Potsdamern speziell für die Tierpräparation weiterentwickelt wurde. Dabei wird die Körperflüssigkeit der Tiere durch Wachs ersetzt. Vor die Ehren ist aber immer wieder enormer Fleiß gesetzt, denn dem lebendigen Aussehen muss mit Akribie nachgeholfen werden. Da wird Lidschatten aufgetragen, die Pfötchen müssen die richtige zartrosa Färbung bekommen und das Fell sich natürlich plustern. Es wird also nicht nur präpariert, sondern auch geschminkt, gefönt und die Haltung gestaltet. Und die Andeutung des Lebensraumes rings um die Tiere spielt ebenfalls eine Rolle. 93 Punkte von 100 möglichen wurden von der Jury an die Gelbhalsmaus vergeben. Die volle Punktzahl habe noch nie jemand geschafft, die sei aus Pietät wohl dem Schöpfer aller Dinge vorbehalten, meint Blumenstein. Ein Berliner Kollege habe es bei einem Großvogel immerhin auf 96 Punkte geschafft. Vom 28. bis 30. März sollen die Siegertiere aus den drei Bundesländern, die zuvor gemeinsam geübt hatten, im Potsdamer Naturkundemuseum ausgestellt werden.
Blumenstein, der mit insgesamt 17 Präparaten, die 20 Tiere zeigen, nach Salzburg gereist war, wird sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen können. Es warten schon wieder eine Reihe neuer Aufgaben und die wichtigste davon dürfte die Präparation von Adler Sigmar sein, der noch eingefroren im Kühlschrank liegt und seiner „Auferstehung“ harrt. Der brandenburgische Schreiadler war auf seinem Zug nach Afrika über Malta angeschossen worden. Trotz Rücktransport mit dem Flugzeug nach Deutschland und Behandlung in der Berliner Uni-Tierklinik verstarb er und wurde dem Potsdamer Naturkundemuseum übergeben. Mitte des Jahres soll Sigmar ausgestellt werden.
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