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Vom streikenden Studenten zum Redenschreiber von Claudia Roth: Politologe Michael Kellner

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Vom streikenden Studenten zum Redenschreiber von Claudia Roth: Politologe Michael Kellner Als im Herbst 1997 deutschlandweit Studentenstreiks ausgerufen wurden, stand Michael Kellner schlagartig in der Öffentlichkeit. Erst im Jahr zuvor an die Universität gekommen, um Politologie zu studieren, brachte es der gebürtige Thüringer als einer der Wortführer des Protests in Potsdam schnell zu einiger Bekanntheit, hielt flammende Reden im Audimax, gab Interviews, schrieb Artikel und diskutierte beherzt mit Landesministern wie Alwin Ziel oder Steffen Reiche über Kürzungen und Hochschulentwicklung. Und schaffte etwas, wovon andere nur träumen konnten: Für Michael Kellner wurde der Streik zum Karrieresprungbrett, zum Einstieg in die aktive Politik. Engagiert und links war Kellner schon früh, ging nach dem Abitur für ein Vierteljahr nach Israel, arbeitete im Kibbuz und bereiste das Land. Gleich zu Beginn seines Studiums gründete er 1997 die Grüne Hochschulgruppe an der Universität, wurde Mitglied der grünen Partei in Brandenburg und zum Referenten für Hochschulpolitik im Studierendenrat, einem Vorläufer des AStA, gewählt. Drei Jahre stritt er auf Landes- und Bundesebene für seine Partei und seine hochschulpolitischen Ansichten, 2000 wird er in den Landesvorstand der Brandenburger Grünen gewählt. Doch Kellner will mehr. „Ich hatte das Gefühl, ich versacke in Potsdam“, erinnert er sich. Kurzentschlossen geht er ins Ausland, erst an die University of Kent im englischen Canterbury, dann für ein Jahr mit Fulbright-Stipendium in die USA, nach Michigan. Genossen habe er es, „für eine Zeit nur zu studieren“. Bei seiner Rückkehr 2001 ist er scheinfrei, und konnte nebenbei den US-Wahlkampf 2000 zwischen Gore und Bush aus der Nähe beobachten. Wahlkampf ist seine Welt. Zwei Jahre zuvor hatte Kellner für den rot-grünen Wechsel bei der Bundestagswahl gearbeitet, moderierte gar einen Auftritt von Joschka Fischer am Brandenburger Tor, „weil der eigentliche Moderator zu spät kam“. Kommunalwahl und OB-Abwahl in Potsdam, Europa- und Landtagswahl folgten. Dann steht wieder ein Wahlkampf bevor: für die Bundestagswahl 2002. Michael Kellner will unbedingt dabei sein, dieses Mal ganz vorne, in der Bundeszentrale seiner Partei. Gleich nach seiner Rückkehr aus den USA nimmt er an Verhandlungen um eine Ampelkoalition im Land Berlin teil, die aber scheitern. Im Januar 2002 geht es dann Schlag auf Schlag: Um acht Uhr gibt Kellner seine Diplomarbeit (Thema: „Urbane Regimetheorie“) ab, anderthalb Stunden später schon tritt er eine Urlaubsvertretung im Büro des damaligen Grünen-Vorsitzenden Fritz Kuhn an. Doch Kellner will zu dessen Partnerin in der grünen Doppelspitze, Claudia Roth. Und er schafft es. Erst erhält er ein Praktikum, mit Ende des Studiums im Mai endlich einen Arbeitsvertrag bei Claudia Roth. Kellner wird ihr Wahlkampfmanager, reist mit ihr und einem Fahrer, einem Laptop und einem Handy zwei Monate durchs Land. An „eine gigantische Handyrechnung“ erinnert sich Kellner, und an das sensationelle Wahlergebnis der Grünen, das die rot-grüne Bundesregierung an der Macht hielt. Als Roth wegen der Trennung von Amt und Mandat den Parteivorsitz verliert, verliert auch Kellner seine Stelle. Glück im Unglück: Er kann für eine andere Bundestagsabgeordnete weiterarbeiten. Und als ihr Referent 2003 zu Trittin wechselt, bittet Claudia Roth ihn zurückzukommen. Heute ist er gleichsam ihre rechte Hand, ihr Redenschreiber und wissenschaftlicher Mitarbeiter, zuständig für Öffentlichkeits- und Parteiarbeit. Kellner erarbeitet Dossiers und Vorlagen, organisiert Roths Terminkalender und politische Unterstützung. Das hat er schon an der Uni gelernt, wenn auch außerhalb der Lehrveranstaltungen. „Es lohnt sich, sich zu engagieren“, sagt Kellner im Rückblick. Besonders in Potsdam. Die noch junge Hochschule „war unglaublich offen, man konnte noch viel bewegen.“ Die Erinnerung an das eigentliche Studium ist zwiespältig: „Es gibt zu viele konservative Professoren.“ Andere Positionen seien zwar stets akzeptiert worden, Kellner hält es aber eher mit „liberalen Dozenten der Schweizer Bohème in der brandenburgischen Provinz“ wie etwa Professor Heinz Kleger: „Das war immer sehr horizonterweiternd.“ Seine Chefin schickt sich derzeit an, wieder Chefin der Grünen zu werden. Und auch Kellner kandidiert wieder. Bei der Landtagswahl tritt er im Potsdamer Süden an. „Das ist doch ein lukrativer Wahlkreis“, kommentiert er leicht ironisch. Das Direktmandat gegen Platzeck, Petke und Scharfenberg wird er wohl kaum erringen. Doch Claudia Roth wird es freuen.

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