
© Andreas Klaer
Von Hella Dittfeld: Der Rudelführer
Marco Deutschmann erzieht Hunde durch leise, aber klare Ansagen
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Nach einem zweistündigen Spaziergang mit neun freilaufenden Hunden fragt Marco Deutschmann: „Was meinen Sie, was habe ich die ganze Zeit gemacht?“ Wenig. Für den Außenstehenden ist er eigentlich nur durchs Gelände marschiert, hat mal leise gepfiffen oder einen Namen gerufen und das Rudel ist ihm gefolgt, als sei er der Leithund in persona. „Sie akzeptieren mich als Rudelführer und wissen, ich gebe hier die Marschrichtung an“, erklärt der Hundetrainer, der jeden Tag seine Hundegruppe aus den unterschiedlichsten Haushalten in Potsdam und am Rand von Berlin abholt und sie in einem abgezäunten Ruhlsdorfer Grundstück, das ihm von einem Tierfreund überlassen wurde, ausführt. Auf dem Weg dorthin teilt sich die Hundegruppe die Ladefläche eines Kleintransporters und wer nicht weiß, dass Deutschmann schon die volle Truppe beisammen hat, würde das weder vermuten noch hören. Jeder Hund legt sich auf seinen Platz, kein Geknurre, kein Bellen. Nur einmal antwortet ein Hund auf das endlose Gebell eines Tieres auf einem nahegelegenen Gehöft. Auf die Frage, wie er eine solche Harmonie bei einander fremden Hunden hinkriegt, meint Deutschmann: „Die Neuankömmlinge richten sich nach den Hunden, die ich schon länger habe. Auch gutes Benehmen färbt ab.“
Und so lernen nicht nur die Hunde ihre erste Lektion, sondern auch der Nichtfachmann erfährt: Wichtig bei der Hundeerziehung sind Konsequenz, klare Ansagen, vor allem aber Geduld. Heute mal freundlich in einer Situation und am nächsten Tag unwirsch in der gleichen – das kann ein Hund weder verstehen, noch tut es seiner Erziehung gut, betont Deutschmann. Und niemals sollte man aus schlechtem menschlichen Gewissen etwas belohnen, was man eigentlich gar nicht haben will. Deutschmann nennt ein Beispiel: Wenn ein Hund zu lange allein war und nun sein Herrchen durch Gebell und Anspringen begrüßt und man das eigentlich ungehörig findet, dann darf es da keine Belohnung geben. Eine eher abweisende gleichgültige Begrüßung sei wichtig und erst später, wenn der Hund sich beruhigt hat, gibt es das Appetithäppchen. Wolle man Trennungsangst abtrainieren, dann langsam, mit immer weiter erhöhten Trennungszeiten und es darf keine hektischen Beschäftigungen geben, wenn der Bezugspartner des Hundes da ist und Zeit hat. Grundsätzlich bestimmt der Mensch, wann gespielt oder trainiert wird und nicht der Hund.
Marco Deutschmann ist seit 15 Jahren Hundetrainer und Mitglied des Bundesverbandes der Hundeerzieher und Verhaltensberater (BHV). Mit Tieren hat er sich immer gern beschäftigt, doch auf dem Wege zum Hundetrainer gab es einige Umwege. Deutschmann lernte das Fischereihandwerk, war Schwimmmeister und arbeitete im Aquarium des Berliner Zoos. In Australien beobachtete er Wildtiere. Wieder zurück in Deutschland fand er über Fernsehberichte seinen heutigen Traumberuf, den des Hundetrainers.
Er ließ sich über den BHV ausbilden, nimmt regelmäßig an Fortbildungen teil und besitzt auch schon das deutschlandweit anerkannte Zertifikat der Industrie- und Handelskammer Potsdam als Hundetrainer. Doch es ist vor allem auch der gute Leumund, der ihn Hundebesitzern weiterempfiehlt. Denn neben seinem Hundeausführservice beschäftigt sich Deutschmann immer wieder intensiv mit Problemhunden. Das geschieht zusammen mit der Hundebesitzerfamilie, damit man gemeinsam gegen Unarten des Tieres vorgehen kann. Dabei schwört Deutschmann auf gewaltfreie Erziehung und große Geduld. Man dürfe weder allzu viel Druck auf das Tier ausüben, noch mit ihm herumschreien. Hündin Jessica musste zum Beispiel unbedingt lernen, dass sie Besucher in der Wohnung ihrer Besitzer nicht attackierten darf. Wenn Besuch kam, wurde sie auf ihre Decke geschickt und bekam, blieb sie dort, eine Belohnung. Die immer weitere Annäherung der Besucher wurde geübt und belohnt und so ließ die unangemessene Revierverteidigung schließlich nach. In nicht wenigen Fällen hänge seltsames Verhalten wie plötzliches Zubeißen aber auch mit einer Krankheit zusammen. Dann sei ein Tierarztbesuch unbedingt nötig, erklärt Deutschmann.
Wenn Hundetraining im Fernsehen gezeigt wird, dann gebe es gute und schlechte Sendungen, meint der Potsdamer Hundetrainer. Die guten empfiehlt er seinen Kunden durchaus als zusätzliche Unterrichtsstunden. Einem Hund, meint er, könne man mit Geduld so ziemlich alles antrainieren, vom Pfötchengeben bis Geschäft erledigen auf Ansage.
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