Von Kay Grimmer: Der steinige Weg zum Abschlussfilm
Jung-Regisseurin Sarah Blaßkiewitz plant ihren Kurzstreifen „Schneller als der Tod“ mit Potsdamer Hilfe
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Die Augen blitzen, die schwarze Lockenpracht fliegt hin und her. Sarah Blaßkiewitz ist in ihrem Element. Im Großraumbüro der Potsdamer Neuesten Nachrichten ist die 24-Jährige auf Location-Suche. So nennen es alte Filmhasen und junge Nachwuchs-Regisseure wie Sarah, wenn sie nach Drehorten suchen. Ein unaufgeräumter Schreibtisch eines Redakteurs mit Papier- und Zeitungsstapeln fällt ihr ins Auge. Sie jubelt: „Ist der immer so?“ fragt sie begeistert. Fotos werden gemacht, sie hat gefunden, was sie gesucht hat. Den Arbeitsplatz für ihren Hauptdarsteller im eigenen Film: „Schneller als der Tod“ soll der Kurzstreifen heißen, für den Sarah Blaßkiewitz Unterstützung sucht.
Die junge Berlinerin, die in Potsdam aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, startet zwar erst als Nachwuchs-Regisseurin, aber film- und bühnenerfahren ist Sarah Blaßkiewitz seit über einem Jahrzehnt. Als Siebenjährige begann sie im Offenen Kunstverein in der „fabrik“ und auf dem Belvedere am Pfingstberg mit dem Theaterspielen. Ins Filmgeschäft kam Blaßkiewitz als Teenager. In der Kinderkanal-Serie „Schloss Einstein“, die bis vor einigen Jahren in Babelsberg gedreht wurde, spielte sie drei Jahre die Rolle der Josephine Langmann, im Kinofilm „Der Mond und andere Liebhaber“ war sie unter der Regie von Bernd Böhlich die Filmtochter von Katharina Thalbach. „Aber irgendwann interessierte mich die Arbeit hinter der Kamera mehr“, sagt sie. „Absolutes Herzblut habe ich in die Schauspielerei auch nicht gelegt.“ Nach kurzer Pause kommt ein weiterer Grund: „Der deutsche Film ist sehr festgelegt, ich bin sehr typenabhängig. Als dunkelhäutiges Mädchen bekommst du fast nur Filmangebote mit Migrationshintergrund.“
Ein erfolgreicher Weg hinter die Kamera ist mühsam – fast genau so mühsam wie vor der Kamera zu bestehen. Studienplätze im Regie- und Kamerafach sind rar und begehrt. „Als ich mit meinem Abitur in Potsdam durch war, dachte ich erst, mich an der Babelsberger Filmhochschule zu bewerben“, erzählt sie. „Aber mit 19 oder 20 Jahren hast du kaum eine Chance, angenommen zu werden.“ An der Beuth- Hochschule für Technik in Berlin bestand sie 2006 sofort die Aufnahmeprüfung für ein Kamerastudium. Viele Praktika, meist unbezahlt, sind notwendig. Bei Produktionen wie „Polizeiruf 110“ unterstützte sie die Regie-Arbeit, half Filmstudenten wie Pia Strietmann bei ihren Abschlussarbeiten. Und sie ergatterte selbst bei der Babelsberg-Großproduktion „Inglourious Basterds“ von Quentin Tarantino eine Beschäftigung als Koordinatorin für die Stunt-Szenen. „Das war die bisher spannendste Zeit. Alles war so riesig und so Top Secret.“ Doch während die Arbeit bei Tarantino spannend war, profitierte sie mehr von Drehs mit Deutschen. Regisseur Eoin Moore, der sie beim „Polizeiruf 110“ als Regieassistentin einsetzte oder die Münchener Filmhochschul-Absolventin Pia Strietmann, aber auch Regisseur Bernd Böhlich „haben mir viel beigebracht“, sagt die 24-Jährige.
Trotz Tarantino, Thalbach, Böhlich – die 24-Jährige bleibt angenehm normal. „Letztens sagte ein Kollege aus der Stuntfirma, in der ich manchmal arbeite, er müsse kurz nach Berlin wegen eines Werbefilms. Erst wollte ich nicht mit. Dann ließ er den Namen Luci Liu fallen“, erzählt Sarah. Dabei leuchten ihre Augen auf. Für die amerikanische Star-Schauspielerin fuhr sie sofort zum Werbe-Dreh nach Berlin mit.
Jetzt steht ihr eigener Film an, „Schneller als der Tod“ sei eine „lustige Tragödie“, sagt sie. Der Titel klingt gruseliger als die Story ist. Der Film handelt von einer kurzen aber sehr intensiven Begegnung zwischen zwei Menschen unterschiedlicher Generationen und soll eine Gratwanderung zwischen Leben und Tod zeigen. „Weniger Pathos, mehr subtiler Humor“, ist das Ziel von Sarah. Ein Journalist veröffentlicht irrtümlich den Nachruf eines Prominenten, der allerdings noch lebendig ist. Die Entschuldigung mündet im Versprechen, alle Kondolenz-Anrufe anzunehmen und den eigenen Fehler zuzugeben. „Die Geschichte des verfrühten Nachrufs wurde in meiner Familie erzählt. Da hat es bei mir ,Klick’ gemacht, ich wusste, dass das mein Filmstoff ist.“ Doch die Umsetzung eines eigenen Films ist kein Kinderspiel. Auch wenn Schauspieler auf Gage verzichten, Drehorte kostenlos genutzt werden können, kosten Ausrüstung, Catering, also die Verpflegung und Transporte. Sarah sucht nach Sponsoren. Auch die Suche nach fähigen Mitstreitern kostet: Zeit. Doch ihre Augen haben wieder Grund zu strahlen, der erste Hauptdarsteller ist gefunden: Bernhard Stegemann, bekannt aus zahlreichen Kino- und Fernsehproduktionen, hat Interesse bekundet.
Informationen zum Projekt: www.schneller-als-der-tod-film.de
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