Landeshauptstadt: Der Tanz aller Tänze
Im Park Sanssouci gibt es seit dieser Saison ein Gartencafé Eden. An den Dienstagabenden lädt der Tangolehrer Steven O’Fearna dort zum Tangosommer unter freiem Himmel ein
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Lauwarme Temperaturen, gedämpftes Licht von einem Kronleuchter in den Zweigen und eine speziell getischlerte Tanzfläche auf der Wiese in einem versteckten Winkel von Potsdams bekanntestem Schlösserpark: Für Steven O’Fearna von der Potsdamer Tanzschule „tanguito“ sind das ideale Bedingungen für einen Tangoabend unter freiem Himmel. Milongas nennt der Deutsch-Amerikaner das – denn so heißen solche Tanzabende auf Spanisch. In diesem Jahr hat O’Fearna dafür einen besonderen Veranstaltungsort entdeckt: Das Café Eden an der Meierei im Park Sanssouci. Jeden Dienstag wird in dem Gartencafé, das es nur in diesem Jahr zur Ausstellung „Paradiesapfel“ gibt, ein Tangoabend unter freiem Himmel veranstaltet.
Rund 70 Tangobegeisterte aus Potsdam und Berlin waren am vergangenen Dienstagabend zur alten Meierei gekommen, um selber zu tanzen oder einfach den Tanzenden zuzuschauen. Zum Beispiel die Renterinnen Christine Hay und Ruth Lexor: Die beiden Freundinnen aus Potsdam machten es sich am Rande der Tanzfläche in ihren Liegestühlen gemütlich und genossen die Tangodarbietungen der Besucher. „Wir können leider nicht mittanzen, weil wir bislang keine Zeit für Tanzstunden hatten“, sagt die 63-jährige Christine Hay. „Wir wollen es aber noch lernen, denn Tango ist der Tanz aller Tänze“, sagt sie und ihre Freundin Ruth stimmt ihr zu. Auch wenn die beiden Damen nicht selber tanzen, so scheinen sie doch bestens unterhalten von der abendlichen Milonga. „Es ist ein schöner Sommerabend, was kann man besseres tun als hier sein“, sagt die 63-jährige Ruth Lexor.
Tatsächlich gibt es auf der Bühne allerhand zu sehen. Eng umschlungene Paare jeden Alters bewegen sich zu argentischer Tangomusik aus den 30er-, 40er- und 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. „Gespielt werden jeweils vier Stücke eines argentinischen Orchesters“, erklärt Daniela Feilcke Wolff, die Tanzlehrerin und DJane des Tangoabends. Die 44-Jährige legt während des Abend Musik der Tangokomponisten und Orchesterleiter Aníbal Troilo, Carlos Di Sarli oder Juan D’Arienzo, aber auch schon mal einen Song der Beatles auf.
Die Musik erweckte die sonst so ruhige Ecke des Parks am Kuhtor zum Leben. Nicht nur die Tangotänzer stürmten immer wieder auf die Bühne, sondern auch ein Kätzchen, das sich neugierig auf die Tanzfläche schlich und das Treiben beobachtete. „Nach jedem Satz mit Musikstücken eines Orchesters wird eine Cortina gespielt, eine kurze Pausenmusik“, erklärt Daniela Feilcke Wolff. Dann können sich die Tänzer auf den Rhythmus und Takt der neuen Musik einstellen oder sich einen anderen Tanzpartner suchen. An diesem Abend sind es die Beatles, die die Wechsel der Tangostücke einleiten und den hoch konzentriert tanzenden Paaren die Gelegeneheit geben, bis zum nächsten Tanz etwas zu verschnaufen.
Die meisten Besucher des Tangoabends sind Akademiker, erklärt Tanzlehrer Steve O’Fearna, der an diesem Abend selbst ein paarmal sein tänzerisches Können unter Beweis stellt. Das Tanzpaar Tom und Tina Haarfenmeister aus Teltow zum Beispiel: Der 47-jährige Tom ist Regionalleiter eines medizinisch-technischen Dienstleisters, die lebenslustige Tina ist Lehrerin für Mathe, Physik und Informatik in Berlin. Beide tanzen Tango, weil sie Freude daran haben, etwas gemeinsam zu unternehmem und weil der argentinische Nationaltanz, der von der Unesco 2009 zum Weltkulturerbe erklärt wurde, noch leidenschaftlicher sei als Salsa, den sie auch beherrschen. „Tango tanzen ist eine schöne Übung fürs Vertrauen, denn als Geführte muss man dem Führenden vertrauen“, sagt die 48-jährige Lehrerin. „Für mich ist es die einzige Möglichkeit, der Führende zu sein“, scherzt ihr Ehemann Tom.
Die 43-jährige Wiebke Dürhutt, Kulturarbeiterin in Potsdam, ist gemeinsam mit ihrem Freund zum Tanzen gekommen. Sie ist nicht nur von der Idee eines Tangoabends unter freiem Himmel angetan, sondern auch von der historischen Kulisse der Veranstaltung beeindruckt. „Dass so ein historisches Gebäude wie die alte Meierei mit Leben gefüllt wird, ohne dass es beschädigt wird, ist beeindruckend“, sagt sie begeistert – und geht mit ihrem Freund wieder auf die Tanzfläche für den nächsten Tanz unter Sternen.
Die nächsten Tangosommer-Abende finden am 12. und 19. August im Gartencafé Eden im Park Sanssouci statt. Ab 19 Uhr gibt es jeweils einen Kurzkurs, ab 20 Uhr die Milonga. Der Eintritt kostet fünf Euro für Tänzer, vier für Zuschauer.
Gülten Akkoç
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