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Start-up aus Potsdam: Der unsichtbare Fälschungsschutz

Einen Schaden von 650 Milliarden US-Dollar verursachen Plagiate pro Jahr. Das Potsdamer Start-up Snaptrust will Produktfälschern einen Riegel vorschieben.

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Wenn Cüneyt Göktekin über seine Geschäftsidee spricht, wirkt dies leicht surreal, denn das Produkt, das der Potsdamer Unternehmer verkauft, kann niemand sehen. Es ist für das menschliche Auge unsichtbar, nur von einer speziellen Smartphone-App kann es erkannt werden. „Auf dieser Verpackung haben wir ein Merkmal versteckt“, sagt Göktekin und hält sein Smartphone über eine Medikamentenschachtel. Die Kamera erfasst die Verpackung und für den Bruchteil einer Sekunde leuchtet auf dem Display ein rotes Muster auf. „Authentifizierung erfolgreich“, vermeldet das Smartphone.

Ein simpler Vorgang, der internationale Markenunternehmen künftig vor Millionenverlusten bewahren soll, denn das vom Potsdamer Start-up „Snaptrust“ entwickelte Verfahren soll Produktfälschern einen Riegel vorschieben. Die Idee: Mithilfe des unsichtbaren Merkmals auf Produktverpackungen kann zweifelsfrei die Echtheit festgestellt werden, ohne dass Fälscher dieses Merkmal nachahmen können. Sogar eine einmalige Seriennummer kann in das Merkmal eingefügt werden.

Auch Elektronikfirmen sind nicht vor Fälschungen sicher

Der Handel mit gefälschten Markenprodukten ist ein gewaltiges Geschäft: Jährlich verursachen Produktfälschungen weltweit einen Schaden von rund 650 Milliarden US-Dollar. Betroffen sind nicht nur Modemarken wie der Sportartikelhersteller Adidas oder Uhrenhersteller wie Rolex, auch Elektronikunternehmen wie Apple sind vor Fälschungen nicht sicher: „Komplette iPhones werden gefälscht, inklusive Betriebssystem“, sagt Göktekin. „Das Original lässt sich von der Fälschung kaum unterscheiden.“ Ebenfalls beliebt bei den Fälschern sind Markenparfüme, Autobauteile oder Medikamente wie das Potenzsteigerungsmittel Viagra. Selbst vor Flugzeugbauteilen machen die Kriminellen nicht halt: Göktekin zeigt ein Foto eines gefälschten Bolzens, der sich während des Fluges im Flugzeug verbogen hatte: „Es ist dann auch abgestürzt.“

Natürlich gibt es bereits eine Vielzahl an Sicherheitsvorkehrungen, mit denen Produkte fälschungssicher gemacht werden sollen: Hologramme zum Beispiel oder Muster, die unter Schwarzlicht sichtbar werden. Das Problem: Wenn ein Produkt ein solches Merkmal bekommt, müssen Kunden und Unternehmen – sprich, die Öffentlichkeit – auch informiert werden, um welche Merkmale es sich handelt und wie man sie erkennen kann. „Dadurch können sie natürlich auch von Fälschern nachgeahmt werden“, sagt Göktekin.

Die Technologie möchte Göktekin nicht verraten

Genau diesen Zwiespalt soll es mit Snaptrust nicht mehr geben, denn weder Kunden noch Fälscher können das unsichtbare Merkmal sehen oder ertasten und wissen auch nicht, worin es eigentlich besteht. Göktekin ist daher sehr vorsichtig in seiner Wortwahl, denn er möchte natürlich nicht verraten, mit welcher Technologie dieses Merkmal aufgedruckt wird. Nur die Smartphone-App, die das Merkmal über die Kamera erfasst, kann das Authentifizierungszeichen erkennen. Nur so viel kann Göktekin sagen: „Wir brauchen für das Aufdrucken keine speziellen Maschinen.“

Göktekin stammt ursprünglich aus dem hessischen Kassel, nach seinem Informatikstudium in Berlin arbeitete er eine Zeitlang in einem großen Unternehmen. Als Experte im Bereich Bildverarbeitung gründete er 2007 sein erstes Start-up in Potsdam: Beyo. Die Firma, die 2012 an ein amerikanisches Unternehmen verkauft wurde, entwickelt Texterkennungssoftware und Vorlesegeräte für Blinde. Ein Kunde brachte Göktekin damals auf die Idee für Snaptrust: Für seine Texterkennungssoftware musste Göktekin Smartphonekameras beibringen, bestimmte Muster zu erkennen. „Der Interessent fragte mich, ob man das nicht auch für Fälschungsschutz nutzen könnte?“

Snaptrust soll es bald auch für Verbraucher geben

2013 wurde Snaptrust gegründet, seit 2016 ist die Technologie aktiv im Einsatz. Welche Unternehmen zur Kundschaft von Snaptrust gehören, möchte Göktekin verständlicherweise nicht sagen. Auf jeden Fall gibt es genügend Interessenten: „2017 haben wir noch viel vor“, kündigt Göktekin an. In Zukunft soll die App von Snaptrust auch ganz normalen Endverbrauchern zur Verfügung stehen, die dann mit ihren Smartphones selbst überprüfen können, ob ein gekauftes Produkt echt ist. „Vor allem wenn man online bestellt, weiß man nie genau, ob es sich um eine Fälschung handelt“, sagt Göktekin.

Snaptrust ist auf der Erfolgsspur: Die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) investierte im November einen siebenstelligen Betrag in das Unternehmen. „Wir beobachten Snaptrust schon sehr lange und sehen in dem Geschäftsmodell große Potenziale“, sagte Sebastian Bertram von der ILB. Und das Unternehmen expandiert: Derzeit arbeiten sechs Mitarbeiter bei Snaptrust, gesucht werden jedoch weitere Mitstreiter im Bereich Vertrieb und Entwicklung.

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