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Runde Sache. Dieses Foto, das Christian Schenk beim Training auf Lanzarote zeigt, wurde 1991 zum „Sportbild des Jahres“ gekürt. Schenk lebt heute in Potsdam.

© Stephan Warter

Potsdam: Der Zwei-Meter-König

Christian Schenk holte 1988 als Zehnkämpfer bei den Olympischen Spielen in Seoul die Goldmedaille. Heute engagiert sich der Ex-Spitzensportler und Wahlpotsdamer für Bildungsarbeit mit Jugendlichen

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Potsdam - Das Ende kam abrupt. Ein Bandscheibenvorfall mit Lähmung bedeutete für den Zehnkämpfer Christian Schenk im Jahr 1994 über Nacht das Karriere-Aus. 1988 hatte er noch für die DDR in Seoul überraschend Olympiagold in der Königsdisziplin der Leichtathleten erkämpft. Mit den dabei übersprungenen 2,27 Metern hält er bis heute den Zehnkämpfer-Rekord im Hochsprung, den er zudem als einer der letzten Sportler überhaupt bäuchlings in der sogenannten Straddle-Technik absolvierte. Nach der Wende gewann Christian Schenk Medaillen bei der Europameisterschaft in Split und der Weltmeisterschaft in Tokio. Doch mit dem Leistungssport sollte plötzlich Schluss sein. „Da setzte das große Überlegen ein“, erzählt Christian Schenk.

Mit seinen zwei Metern ist der gebürtige Rostocker damals wie heute eine stattliche Erscheinung. Seit einem guten Jahr wohnt der 48-Jährige in Potsdam. „In Deutschland möchte ich nirgendwo anders mehr leben“, sagt er. Ruhe, Schönheit und die Nähe zur Großstadt Berlin schätzt er an seiner neuen Wahlheimat. Und die „schönste Joggingstrecke der Welt“, die ihn durchs Weltkulturerbe vorbei am Marmorpalais oder dem Belvedere auf dem Pfingstberg führt. Zum Arbeiten fährt Schenk nach Berlin. Dort hat seine Firma Christian Schenk Sports (CSS) im Atelierhaus in der Kurfürstenstraße die Büros.

Der Sport steht bei Christian Schenk immer noch im Mittelpunkt – auch wenn es ihm nicht mehr um Medaillen und Bestzeiten geht: Der Ex-Spitzensportler organisiert unter anderem Gesundheitsseminare und Motivationstrainings für Manager, veranstaltet Weiterbildungscamps für Jugendliche, berät Unternehmen wie die Deutsche Kreditbank (DKB) beim Sportsponsoring und engagiert sich als Botschafter für die SOS-Kinderdörfer. So rief er 2012 etwa eine Olympiade für SOS-Kinder ins Leben, zu der 150 Kinder aus sieben Ländern nach Italien kamen. „Sport hat nicht nur Unterhaltungswert“, ist Christian Schenk überzeugt: „Ziel muss es sein, den Sport wertvoller zu machen für die Gesellschaft.“

Seine Firma gründete er 1996, zuvor hatte er einen Neustart als ZDF-Sportexperte unternommen. Bei seiner Arbeit geht es Schenk heute einerseits darum, die Prinzipien des Hochleistungssports – Leistung, Fairplay und Miteinander – auf andere Gebiete zu übertragen. Zum Beispiel bei den Berufsorientierungsangeboten für Jugendliche und Studierende unter dem Motto „Erkenne Deine Stärken“, die er vor gut drei Jahren gründete.

Andererseits zielt er auch auf die heutige Sportlerelite: 2005 initiierte Schenk gemeinsam mit der Deutschen Sporthilfe und der DKB das Sporthilfe Elite Forum. Dabei treffen mehrmals im Jahr Top-Athleten im Schloss Liebenberg im Landkreis Oberhavel, nördlich von Berlin, auf Gesprächspartner aus Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft: TV-Moderator Günther Jauch war dort etwa schon Gast, die Schriftsteller Martin Walser und Christa Wolf, der Potsdamer Regisseur und Oscarpreisträger Volker Schlöndorff, der Astronaut Ulf Merbold oder Scorpions-Gittarist Rudolf Schenker. Im Austausch sollen sich die Spitzensportler ihrer Vorbildfunktion für andere bewusster werden, so die Idee. Und sich mit der möglichen Karriere nach der Karriere beschäftigen.

Ganz leicht haben es Spitzensportler dabei nicht, weiß Schenk aus eigener Erfahrung: „Man ist als Einzelsportler so ein Egoist, dass man nur in kleinen Gruppen arbeiten kann.“ Die Zusammenarbeit habe auch er erst wieder lernen müssen. Bis heute ist seine Firma ein Zwei-Mann- Unternehmen. Andererseits sind sportliche Werte wie die Leistungsorientierung und Fairplay etwas, das bleibt: „Das leben wir auch nach der Karriere“, sagt der zweifache Vater.

Auf seinen Olympia-Erfolg in Seoul blickt er heute mit gemischten Gefühlen zurück. Die Enttäuschung darüber, dass er und die anderen DDR-Athleten damals nicht an der Abschlusszeremonie teilnehmen durften, sitzt noch tief: „Seoul war für mich das Schönste und das Schlimmste zugleich.“ Dass es die letzten Spiele als Aktiver werden sollten, konnte Schenk damals nicht wissen. Die Teilnahme in Barcelona 1992 scheiterte an einem Trainingsunfall noch vor der Qualifizierung. Trotzdem war er seitdem bei jeder Sommerolympiade dabei – sei es als TV-Kommentator oder Gast. Im vergangenen Sommer war er aber nicht nur in London, sondern auch in Marburg: Dort trafen sich alle lebenden Zehnkampf-Olympiasieger anlässlich des 100. Jubiläums der Sportart. „Das war ein großes Fest“, sagt Christian Schenk: „Da dazu zugehören, das tat gut.“

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