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Landeshauptstadt: Deutsch-Französische Auslese

Der Potsdamer Johannes Hooss ist Gastjuror beim französischen Jugendbuchpreis „Prix Goncourt des lycéens“

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Dass es auch heute viele Jugendliche gibt, die Bücher lesen, ist nichts Neues. Wenige aber lesen zweisprachig, so wie der Potsdamer Gymnasiast Johannes Hooss: In drei Monaten ackerte der 17-Jährige Helmholtz-Gymnasiast vier aktuelle französische Jugendromane im Original durch. „Es waren keine sehr dicken Bücher“, meint Hooss, „nur eines hatte knapp 400 Seiten.“

Natürlich hat Hooss diesen Lesemarathon nicht nebenbei gemacht, sondern für den „Prix des Lycéens“, einen bundesweiten Wettbewerb, bei dem deutsche Oberstufenschüler im Rahmen ihres Französisch-Unterrichts den besten französischen Jugendroman des Jahres auswählen. Hooss schaffte es bis in den Bundesentscheid und wurde nun sogar als einer von 16 deutschen Gastjuroren für den „Prix de Goncourt des lycéens“ vom 27. bis 30. November in Rennes ausgewählt (siehe Info-Kasten).

Es ist das erste Mal, dass deutsche Schüler als Juroren des Preises teilnehmen dürfen, Anlass dürfte das 50. Jubiläum des Elysée-Vertrages sein, der 1963 die Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich bekräftigte. „Es ist für mich eine Ehre, ausgewählt worden zu sein“, sagt Hooss, „ich bin schon ein bisschen stolz darauf, so etwas in einer Fremdsprache erreicht zu haben.“

Es ist nicht lange her, dass Hooss die französische Sprache für sich entdeckt hat: Bei einem Schüleraustausch während der zehnten Klasse hielt er sich drei Monate in der Region Picardie auf. „Ich habe schnell gelernt und es hat einfach tierisch Spaß gemacht, auf Französisch zu kommunizieren.“ Zurück in Deutschland hatte er gleich viel mehr Spaß beim Französisch-Unterricht und mit französischen Büchern: „Vorher war es halt eine Sprache wie alle anderen.“

Als Hooss hörte, dass das Helmholtz-Gymnasium – das eine Partnerschule in Rennes hat – sich am deutschen „Prix des Lycéens“ beteiligt, war er sofort dabei: „Wir waren zehn Schüler und mussten ähnlich wie bei ‚Jugend debattiert’ das Buch verteidigen, das wir von den vieren am besten fanden.“ Hooss setzte sich durch, seine Wahl war auf „Un cargo pour Berlin“ von Fred Paronuzzi gefallen, in dem ein afrikanisches Mädchen von ihrer Familie verstoßen wird, sich als Junge verkleidet und versucht, über die Straße von Gibraltar nach Europa zu flüchten. „Ich fand, es war das aktuellste Thema“, so Hooss.

Beim brandenburgischen Landesausscheid besuchte Hooss eine Lesung der mitnominierten Autorin Helen Vidal und konnte sein Buch erneut verteidigen. Beim Bundes-Finale, das in Leipzig parallel zur Buchmesse im März stattfand, mussten die Romane erneut vorgestellt werden, unter anderem mit einer kurzen Theater-Improvisation. Gewonnen hat am Ende leider ein anderer Titel, nämlich Mikaël Olliviers „Le monde dans la main“, das von einem Jugendlichen handelt, dessen Mutter eines Tages plötzlich verschwindet. Zur Belohnung dürfen jedoch alle 16 Finalisten am französischen „Prix de Goncourt des lycéens“ teilnehmen und bekommen die Reisekosten erstattet.

Auch die Gastjuroren werden über die zwölf vorgeschlagenen Bücher diskutieren und ihr bestes auswählen, Hooss muss zum Glück nur eines davon lesen. Welches, erfährt er erst im September. Gleichzeitig wird Hooss quasi als Botschafter des Brandenburger Bildungsministeriums unterwegs sein, denn zwischen dem Ministerium und der Schulbehörde „Académie de Rennes“ besteht seit 1999 eine Partnerschaft, unter anderem zur Förderung von Schüleraustauschen. Trotz des großen Anlasses hat der Schüler keinen Bammel vor seiner Juroren-Aufgabe: „Ich bin überzeugt genug von meinen Französischkenntnissen.“ Erik Wenk

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