LEUTE in Potsdam: „Die alten Menschen sollen selbst entscheiden“
Brigitte Wagner leitet die Beratungsstelle der Volkssolidarität für Menschen mit Demenz
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Zurzeit sucht Brigitte Wagner eine Wohnung. Nicht für sich, sondern für Menschen mit Demenz. Seit einem Jahr plant die Leiterin der „Kontakt- und Beratungsstelle für Menschen mit Demenz und deren Angehörige“ vom Stadtverband der Volkssolidarität e.V. eine Wohngemeinschaft für Menschen mit dieser Krankheit. Statt in einem Heim sollen sechs bis acht Menschen zusammen leben, weitestgehend selbst bestimmt sowie betreut von Angehörigen und einem Pflegedienst. Das Interesse von Angehörigen sei da, doch lasse sich bisher kein Vermieter von der Idee überzeugen, bedauert Brigitte Wagner.
Als sich die Alzheimer-Gesellschaft Brandenburg e.V. vor neun Jahren gründete, war Brigitte Wagner dabei. Aus Interesse, wie sie sagt. Aus ihrer Pflegepraxis wusste sie von dem Alltag und den Problemen der Menschen, die nach und nach ihre Erinnerung und damit ihre Orientierung verlieren. Damals begann sie, eine Beratungsstelle in den Räumen der Volkssolidarität aufzubauen. Anfänglich musste diese Arbeit neben ihrer Tätigkeit in der häuslichen Pflege passieren. Seit 2001 wird das Angebot von der Stadt gefördert. Brigitte Wagner durfte täglich eine Stunde Beratung abrechnen. Aus den fünf Stunden in der Woche sind mittlerweile zwanzig geworden. In den vergangenen Jahren habe der Bedarf zugenommen. „Auch trauen sich mehr Leute, unsere Hilfe anzunehmen“, meint sie. Neben der Beratung baute sie Angehörigengruppen, eine Selbsthilfegruppe für Betroffene, eine Betreuungsgruppe zur Entlastung der pflegenden Angehörigen sowie einen Helferinnenkreis auf. Und seit kurzem hat sie auch das Zeugnis als Fachkraft für gerontopsychiatrische Betreuung und Pflege. „Im Prinzip habe ich nun einen Zettel in der Tasche für etwas, das ich seit langem mache“, erklärt sie und lacht. Ihre Arbeit bereite ihr immer wieder aufs Neue große Freude. Natürlich sei es nicht einfach. Nach wie vor ist sie auch in der ambulanten Pflege tätig. Manche Patienten kenne sie seit 15 Jahren.
Brigitte Wagner absolvierte zunächst eine Fachschulausbildung zur Unterstufenlehrerin in Weimar. Im Anschluss studierte sie in Erfurt Pädagogik. Sie kehrte danach an die Lehrerausbildungsstätte in Weimar zurück. Kurz vor der Wende zog es sie aus familiären Gründen, wie die 1955 Geborene sagt, nach Potsdam. Anfang der 90er Jahre wurde sie arbeitslos. Eine neue Perspektive habe sie schnell gefunden. Auf Hermannswerder ließ sich Brigitte Wagner zur Altenpflegerin ausbilden. Wenn sie erzählt, leuchten ihre dunkelbraunen Augen und ihre Hände unterstreichen fast jedes Wort. Ihr Gesicht trägt ein warmes Lachen. Sie scheint zufrieden. Die Ehefrau und Mutter einer Tochter entspannt sich gern bei der Hausarbeit, beim guten Krimi und in der Sauna. Sie selbst beschreibt sich als eine ehrgeizige Frau, die ihre Aufgaben zu Ende bringt. Sie träumt davon, ein Haus für ältere Menschen zu bauen, in das diese dann einziehen können, um dort selbstständig zu leben. „Die alten Menschen sollen selbst entscheiden, wann sie beispielsweise frühstücken wollen. Egal ob um 5.30 Uhr in der Früh oder um 11 Uhr mittags.“ Natürlich verliere ein jeder im Alter an Fähigkeiten. Aber dafür gebe es Hilfe und Unterstützung. Für sich selber könne sie im Alter eine Wohngemeinschaft vorstellen – um nicht allein zu leben und dennoch so eigenständig wie möglich zu sein. U. Strube
U. Strube
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