
© Manfred Thomas
Zeppelinstraße, Zwarter Piet, Rolltreppen im Bahnhof: Die Aufreger des Jahres
Zeppelinstraße, ein Rentner ohne Ausweis und die Zwarten Pieten: Worüber sich Potsdam in diesem Jahr aufgeregt hat. Ein Überblick.
Stand:
Zeppelinstraße. Mit dem Plan, eine Haupteinfallstraße künftig nur noch einspurig befahren zu lassen, macht sich Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) Anfang des Jahres Feinde bei allen, die aufs Auto angewiesen sind. Vom Radikalumbau verspricht sich die Bauverwaltung die dringend nötige Reduzierung der Schadstoffbelastung an der Straße. Aber dem Plan fehlt es an Alternativen für Pendler aus Potsdam und dem Umland, so die Hauptkritik. Im Oktober beschließt das Stadtparlament trotzdem die testweise Umsetzung für 2016.
Garnisonkirche. Ein Dauerbrenner in Potsdam. Die Aufregung über die jeweils andere Seite ist bei Befürwortern und Gegnern eines Wiederaufbaus so groß wie immer, daran konnte auch der in den Anfängen stecken gebliebene Bürgerdialog nichts ändern. Im Dezember sind sich beide Seiten ausnahmsweise einmal einig: Der Vorschlag der Stadt, 25 zufällig ausgewählte Bürger ein Kompromiss-Gutachten erarbeiten zu lassen, wird unisono abgelehnt.
Eichenfällungen. Erst die mehr als 100 Jahre alte Eiche mit der Nummer 365 an der Nedlitzer Straße, dann eine sogar als Naturdenkmal eingetragene Stieleiche in der Angermann-Remise im Bornstedter Feld: Zwei Uraltbäume werden im Frühjahr gefällt – gegen den Protest von Naturschützern. In beiden Fällen ermittelt anschließend die Staatsanwaltschaft – bei Nummer 365 werden die Verfahren eingestellt, bei der Angermann-Remise laufen sie noch: Die Pro Potsdam und die Fällfirma weisen sich gegenseitig die Verantwortung zu.
Brückentag. Da war das Wortspiel wohl Ideengeber: Zum Abschluss der jahrelangen Sanierung der Humboldt-Brücke lädt die Stadt am 15. Mai, einem Brückentag, zum Brückenfest auf das Bauwerk ein. Haken Nummer eins: Die Brückensanierung ist zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht abgeschlossen. Haken Nummer zwei: Der bereits fertige Teil wird für das 60 000 Euro teure Fest vollgesperrt – zum Ärger unzähliger Pendler, die im Stau warten müssen.
Lustgarten-Werkstatt. Es sollte ein offenes Bürgerbeteiligungsverfahren zur Zukunft des Lustgartens werden – aber die Beteiligung ist mäßig und heraus kommt ein Ergebnis wie von den Stadtplanern bestellt: Sieben mehr oder weniger spielerische Ideen für das Areal – alle ohne das Mercure-Hotel, zum Ärger der Abriss-Gegner. Wie tragfähig das Ergebnis des 520 000 Euro teuren Verfahrens tatsächlich ist, ist ohnehin fraglich. Denn das Hotel gehört nicht der Stadt, sondern einem US-Immobilienfonds – und solange die Stadt die Sanierungsziele nicht ändert, kann der machen, was er für wirtschaftlich richtig hält.
Teurer Ausweis. Der Streit eines mittellosen Rentners mit der Stadt um die Kosten für einen neuen Personalausweis empört im Sommer viele Potsdamer. Dutzende PNN-Leser bieten finanzielle Hilfe für den Mann an. Bezahlen muss im Dezember die Stadt: Und zwar nicht nur die Kosten für den vorläufigen Ausweis, sondern auch die für den Anwalt, den sich der Rentner genommen hatte.
Rolltreppen im Bahnhof. Irgendeine ist immer kaputt. Während sich die Pendler im Frühjahr mit fast stoischem Gleichmut in die Bahnstreiks ergeben, ist das Unverständnis über die ständigen Ausfälle von Rolltreppen und Aufzügen im Hauptbahnhof groß. Der Deutsche Bahnkunden-Verband spricht im Sommer von einem Skandal. Den Vogel schießt im November ein Bahnsprecher ab, der angesichts des defekten Aufzugs zum S-Bahn-Steig mobilitätseingeschränkten Potsdamern für die Zwei-Minuten-Fahrt nach Babelsberg alternativ den Umweg mit der Regionalbahn über Berlin-Wannsee empfiehlt. Momentan steht übrigens die Rolltreppe am Haupteingang still. Kann das denn so schwer sein?
Zwarte Pieten. Ein Sinterklaasfest ohne die „Zwarten Pieten“? Für viele Potsdamer und die Veranstalter vom Förderverein zur Pflege Niederländischer Kultur undenkbar. Aber die Stadtverwaltung bezieht klar Position und bleibt trotz Schimpf und Spott hart: Kein städtisches Geld für das Fest, wenn die Pieten dabei sind. Denn die schwarz geschminkten Figuren mit Afro-Perücke und Gold-Ohrring bringen nicht nur Kinderaugen zum Strahlen, sie bedienen auch rassistische Stereotype. Die Veranstalter reagieren vergnatzt: Ohne Piet auch kein Sinterklaas. Gefeiert wird trotzdem.
Baupfusch an der Da-Vinci-Schule. Das Richtfest für den Schulneubau im Bornstedter Feld wird Anfang Dezember kurzfristig abgesagt – wegen mutmaßlichen Betonpfuschs an der Decke im Foyer. Wie schlimm der Schaden genau ist, analysieren die Experten noch. Sollte es zu Verzögerungen bei der für Sommer geplanten Eröffnung kommen, gerät Potsdams ganze Schulplanung ins Wanken – und Hunderte Schüler wären betroffen.
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