Landeshauptstadt: Die Doppik ist da
Potsdam legt seinen ersten Haushalt nach neuem System vor / Abschreibungen bringen größeres Minus
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Das Werk ist vollbracht: Nach zwei Jahren Vorbereitungszeit liegt der erste Potsdamer Haushaltsentwurf im neuen doppischen System vor. Gedruckt ist die Finanzplanung für das Jahr 2007 dicker als ein Berliner Telefonbuch. Ab Mittwoch kommender Woche müssen sich die Stadtverordneten mit den Inhalten beschäftigen – dann wird der Entwurf ins Stadtparlament eingebracht. Die Einführung der Doppik ist Teil eines Modellprojekts im Land Brandenburg; Potsdam ist die größte der acht Modellkommunen. Ab 2011 soll die doppische Haushaltsführung im ganzen Land Pflicht werden.
Mit dem neuen doppischen System könne die Stadt Potsdam ihre Finanzen transparenter ordnen, sagte Finanzbeigeordneter Burkhard Exner (SPD) gestern bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs. Bei der bisherigen kameralen Haushaltsführung haben nur Einnahmen und Ausgaben eine Rolle gespielt. Dazu gab es den Verwaltungs- und den Vermögenshaushalt. Diese Struktur ist nun aufgelöst. Alle bisherigen Haushaltsposten wurden stattdessen ins doppische – also kaufmännische Rechnungswesen – übersetzt. Größter Unterschied im Ergebnis: Erstmals sind die Abschreibungen berücksichtigt. Gemeint damit ist die Summe, die mit dem Wertverlust der städtischen Eigentümer durch ganz normale Abnutzung entsteht – sei es die Computertechnik der Verwaltung oder eine Brücke. Alle Eigentümer haben nur eine bestimmte Restnutzungsdauer, dadurch errechnet sich die Abschreibung. Sie liegt nach dem neuen Haushaltsentwurf bei 41,9 Millionen Euro. „Die Abschreibungen gab es schon immer, aber man hat sie nicht abgebildet“, sagte Exner. Nun steht die Zahl schwarz auf weiß im Plan. Das sei gut, meint der Finanzbeigeordnete, denn nur so werde der „schleichende Vermögensverzehr“ sichtbar, der automatisch entstehe. Zum besseren Verständnis überträgt Exner das Ganze mit folgendem Beispiel in den Privathaushalt: Wer ein neues Auto kauft, hat nicht nur die Anschaffung zu zahlen. Jedes Jahr fallen Kosten für Versicherung, Sprit, Werkstatt an – die Abschreibung, die das Geld auf dem Konto „verzehrt“. Doch irgendwann ist das Auto kaputt, ein neues muss her und das Geld dafür da sein. Darauf will die Stadt nun im übertragenen Sinne besser vorbereitet sein.
Allerdings hat das auch Nebenwirkungen: Während in der alten, kameralen Haushaltsführung das Jahresminus für 2007 bei 10,1 Millionen Euro liegt, sind es im neuen doppischen Haushalt 19,1 Millionen Euro. Daran schuld sind vor allem die jetzt berücksichtigten Abschreibungen, so Exner. Dies könne durchaus dazu führen, dass sich der Spar-Druck erhöht. Denn die Stadt bleibe weiter bei ihrem Ziel, nach kameralen Maßstäben im Jahr 2010 kein strukturelles Minus mehr zu machen – übertragen auf das doppische System mit einem jetzt nahezu doppelt so hohen Defizit soll der ausgeglichene Haushalt bereits 2015 erreicht sein. Insgesamt weist der aktuelle Haushaltsentwurf im Ergebnishaushalt Erträge von 376 Millionen Euro und Aufwendungen von 391 Millionen Euro aus.
Neben der „realistischeren“ Darstellung der Finanzlage bietet der doppische Haushalt laut Exner aber weitere Vorteile: Statt knapp 4000 so genannter „Haushaltsstellen mit Planansatz“ gibt es jetzt 137 Produkte und 220 Unterprodukte. Für sie finden sich im Haushalt jeweils eine Produktbeschreibung samt Zielen, alle Erträge, Aufwendungen und Investitionen für das aktuelle, die zwei vorhergehenden und die drei bevorstehenden Jahre. Damit einher gehe eine neue „Steuerungsphilosophie“, so Exner: Als Ziel könne beispielsweise verankert sein, dass die Wartezeit im Bürgerservice eine bestimmte Minutenzahl nicht überschreitet. Damit stehe die Wirkung der Finanzplanung im Mittelpunkt.
Exner zeigte sich gestern zuversichtlich, dass der doppische Haushalt noch vor der Sommerpause beschlossen wird. Denn die kamerale Variante habe die Verwaltung bereits im Dezember vorgelegt, der Investitionsplan sei im März beschlossen worden. Zudem seien die Sparauflagen weniger hart: Die Haushaltssperre werde von 7,5 auf fünf Prozent gesenkt.
Einen Bürgerhaushalt soll es wegen der Umstellung auf das neue System erst im Jahr 2008 wieder geben. Eine Projektgruppe dazu sei aber bereits gegründet und die erste Bürgerversammlung im Herbst geplant.
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