Deckengemälde im Schloss Sanssouci restauriert: Die Entdeckung des Himmels
Unsachgemäße Übermalungen, Holzschutzmittel und die Zeit machten es unansehnlich. Nun wird das Deckengemälde im Empfangssaal von Schloss Sanssouci für 95 000 Euro restauriert.
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Sanssouci - Dem Himmel ganz nah: Das sind vier Restauratorinnen momentan im Vestibül von Schloss Sanssouci. Dort, im Empfangssaal des Sommerschlosses, wird das Deckengemälde, eine in luftigen Wolken schwebende „Flora mit Genien“, überarbeitet und wieder zum Strahlen gebracht. Unsachgemäße Übermalungen, durchsickernde Holzschutzmittel und die Zeit hatten dem etwa 42 Quadratmeter großen Gemälde des Schweden Johann Harper zugesetzt und es unansehnlich gemacht. Mit 20 000 Euro Unterstützung der Stiftung Pro Sanssouci und weiteren rund 75 000 Euro aus dem Haushalt der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) wird das Gemälde nun gesichert und restauriert.
Die Wahl des Motivs für den Empfangssaal von Sanssouci – „dem ersten und unterschätztesten Raum“, wie Stiftungsdirektor Hartmut Dorgerloh sagte – kommt nicht von ungefähr. Wie überall im Gartenschloss gehe es darum, die Grenzen zwischen Drinnen und Draußen zu verwischen: „Wie bekommt man die Natur ins Haus?“ Im Vestibül wird dafür einerseits das Motiv der Doppel-Kolonnaden aus dem Ehrenhof aufgegriffen, andererseits mit Harpers Gemälde regelrecht ein Himmel über den Schlossgästen aufgespannt. Die Blütengöttin Flora in Begleitung mehrerer engelartiger Genien sei die passende Göttin für Sanssouci – den Garten und das Gartenschloss.
Durchsickernde Chemikalien sorgten für braune Verfärbungen
Allerdings hat Harpers Werk aus dem Jahr 1746 sehr stark gelitten, wie Restaurator Andreas Liebe erklärte. Schon früh habe es Übermalungen gegeben, die für Spannungen gesorgt hätten. Die Folge: Die Farbe blätterte an manchen Stellen regelrecht ab. Außerdem gingen die Restauratoren vor etlichen Jahrzehnten noch sehr viel unsensibler vor als Liebe und seine Kollegen heute: So sei das Gemälde, vermutlich bei den Restaurierungsarbeiten im Vorfeld der Olympischen Spiele 1936 in Berlin, großflächig übermalt worden – sowohl die ursprüngliche Farbgebung als auch die Struktur der Wolken und Details wie die Blüten, die die Genien streuen, gingen dabei verloren. Der rege Besucherverkehr mit entsprechender Kondenswasserbildung trug ebenfalls zu den Schäden bei. Das während der 1980er-Jahre eingebrachte Holzschutzmittel Hylotox tat sein Übriges: Durchsickernde Chemikalien sorgten auf dem Deckengemälde für braune Verfärbungen.
Seit Jahresanfang wird das nun behoben, bis Ende Oktober soll die Restaurierung abgeschlossen werden. Mithilfe eines Gerüstes in dem Saal kommen Liebe und seine vier Kolleginnen dabei ganz nah heran an den gemalten Himmel. Sie arbeiten nur 1,70 Meter unter der Decke, den Kopf stets im Nacken, die Hand dabei auf dem gepolsterten Malstab abgestützt, damit der Pinsel ruhig geführt werden kann und das Gemälde selbst möglichst geschützt bleibt. „Das ist der Teil der Restaurierung, der Spaß macht“, sagt Liebe.
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Zunächst sei das Gemälde aber unter anderem mit Infrarot- und Ultraviolett-Aufnahmen untersucht worden. Ein Test habe zudem ergeben, dass sich die Übermalungen mit einem Lösungsmittelgemisch entfernen lassen. „Das ist mehr als aufwendig“, sagt Liebe. Wegen der Geruchsbelastung müssten die Restauratoren dafür teils Schutzkleidung tragen. Durch die Behandlung ist das Gemälde bereits heller geworden, gleichzeitig wurden abgeblätterte Stellen wieder sichtbar. Die Fehlstellen werden momentan von vier externen Restauratorinnen durch Retuschen geschlossen. Liebe geht davon aus, dass etwa zehn Prozent des Gemäldes so ergänzt werden müssen.
Ein neuer, dynamischer Eindruck
Der Restaurator ist schon jetzt überzeugt, dass der Eindruck des fertigen Gemäldes ein neuer sein wird: Die Farbgebung ist dynamischer, anstelle des vorher recht einheitlichen Blaus und der braunen Flecken bietet sich eine Stimmung, wie man sie von der Morgenröte kennt – das Blau geht in zarte Rosa- und Violetttöne über. Details wie die Blüten und Früchte, die die Genien streuen, werden erstmals wieder sichtbar sein. Die Bewegung in den Wolken wird sehr viel expressiver erscheinen. Nach den mehrfachen Übermalungen sei der Gesamteindruck der Wolkenlandschaft über den Köpfen der Besucher dagegen „flach“ gewesen, sagt der Restaurator.
Schloss Sanssouci wurde zwischen 1745 und 1747 nach Plänen von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff im Stil des Rokoko als Sommerresidenz von Preußenkönig Friedrich II. errichtet. Es gehört mit mehr als 340 000 Besuchern pro Jahr zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten in Potsdam – nur der Filmpark Babelsberg verzeichnet etwas mehr Gäste.
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