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„DenkMahl“ an der Universität Potsdam: Friedrich II. im Kreis der Aufklärer / Uni-Veranstaltungsreihe soll weitergeführt werden
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Kurz nach Friedrichs Thronbesteigung 1740, sollte aus Gründen der Sparsamkeit die Hälfte der Pferde abgeschafft werden. Doch Voltaire, der französische Dichter und Philosoph, schlug dem jungen König vor, er möge lieber die Hälfte der Esel entfernen, die am Hofe ein- und ausgingen. Eine Anekdote, die Voltaire unter das Volk gebracht haben soll. Sie macht die Arroganz des Franzosen deutlich. Denn er war davon überzeugt, dass er der bedeutendste Aufklärer seiner Zeit sei. Kronprinz Friedrich tat dazu das Seine: „Führen Sie fort, Monsieur, die Welt aufzuklären. Die Fackel der Wahrheit konnte keinen besseren Händen anvertraut werden.“
Doch der Glanz Voltaires als Aufklärer kam am dritten Abend der Veranstaltungsreihe „DenkMahl“ an der Uni Potsdam nur indirekt zum Leuchten. Denn der Historiker Professor Iwan-Michelangelo D’Aprile hat in seinem Vortrag nicht ihn und seine Kollegen der Sanssouci-Tafelrunde ins Gedächtnis gerufen, sondern diejenigen, die nicht zum engen Hofclan gehörten. Um Friedrich und die Gesellschaft der Aufklärer ging es an dem sehr gut besuchten dritten Abend von „DenkMahl mit Friedrich dem Großen“.
Bei diesem „Menü“, das mit geistreichen, musikalischen und kulinarischen Zutaten aufwarten will, konnte man wieder eine köstliche Kartoffelsuppe genießen, sich an feinsinnigen barocken Klängen auf der Violine, dem Violoncello und Cembalo erfreuen, musiziert von Studierenden, und dem kurzweiligen Vortrag von Iwan-Michelangelo D’Aprile gespannt lauschen. Menü-Ort war die Obere Mensa auf dem Campus am Neuen Palais, also nur wenige Meter von des Königs großspurigem Schloss entfernt, wo Ende April die Friedrich-Ausstellung „Friederisiko“ gezeigt wird. Einer der Kuratoren heißt Iwan-Michelangelo D’Aprile.
Innerhalb aufgeklärter Reformregierungen in Europa nahm der preußische König eine Sonderstellung ein, so der Historiker. Er galt für die Reformer wie Johann Friedrich Struensee in Dänemark, Joseph II. in Österreich oder Katharina II. in Russland als beispielhaft. Man konnte seine Ansichten auch nachlesen, denn Friedrich habe sein Regierungshandeln mit eigenen theoretischen Reflexionen und schriftstellerischen Beiträgen begleitet. Dies hätten andere Herrscher so nicht gemacht.
Der Aufklärer Friedrich II. schuf einen gesellschaftlichen Rahmen, bei dem unterschiedliche Akteure beteiligt waren. So auch der Diplomat Christian Wilhelm Dohm und der Philosoph Moses Mendelssohn. Auf Anregung Mendelssohns veröffentlichte der preußische Beamte 1781 die Schrift „Über die bürgerliche Verbesserung der Juden“. Dohm verbinde darin die rechtliche Gleichstellung der Juden mit Argumenten ökonomischer Nützlichkeit und dem sich herausbildenden Menschenrechtskurs, sagte D’Aprile. Nach Dohm sei es nicht einsichtig, dass „viele fleißige und gute Bürger dem Staat weniger nützlich seyn (sollen), weil sie aus Asien abstammen, sich durch Bart, Beschneidung und eine besondere ihnen nach ihren ältesten Vorfahren hinterlassene Art, das Höchste der Wesen zu verehren, unterscheiden“. Zu einem ähnlichen Urteil komme auch Mendelssohn in seinem politischen Hauptwerk „Jerusalem. Oder über religiöse Macht und Judentum“ (1783). „Der Philiosoph“, so der Redner, „plädiert in der Schrift für die Trennung von Staat und Kirche und hebt kulturelle und religiöse Pluralität als obersten Wert einer Gesellschaft hervor.“
Für die Ausarbeitung eines anstehenden neuen Gesetzbuches beauftragte Friedrich den Großkanzler Heinrich Casimir Carmer. Der König teilte 1780 in einer Kabinetts-Ordre mit, dass Rechtsgleichheit und -sicherheit gewährleistet werden müssen: Gesetze sollten in einer für die Bevölkerung verständlichen Sprache abgefasst werden, die Prozessdauer müsse verkürzt, die Bürokratie abgebaut und die Expertokratie der Advokaten und Rechtsgelehrten abgeschafft werden. Mit Tiraden gegen ein „unnützes Heer von Juristen“ und deren „Subtilitäten“-Kram wird die Ordre gewürzt. Diskutiert wurden die Vorschläge zum Gesetzeswerk, das erst 1794 unter Friedrich Wilhelm II. zum Abschluss kam, in der „Berliner Mittwochsgesellschaft“.
Ein Zusammenspiel von König, Reformbeamten und zivilgesellschaftlichen Institutionen konnte man auch bei der Bildungs- und Schulpolitik wahrnehmen. Vor allem aufgeklärte Pfarrer und Schuldirektoren haben ein Netzwerk initiiert, das die Bildungspolitik von der Elementar- und Volksbildung bis hin zur Lehrer- und Universitätsbildung im Sinne der aufklärerischen Reformpädagogik organisierten. Iwan-Michelangelo D’Aprile erinnerte an Friedrich-Eberhard von Rochow in Reckahn bei Brandenburg (Havel), der sich engagiert für die Landschulbildung einsetzte. So schrieb er das Lesebuch zum Gebrauch an Landschulen „Der Kinderfreund“ (1776), das weit verbreitet war.
Der Erfolg der „DenkMahl“-Reihe war insgesamt so groß, dass die Universität die Veranstaltungsreihe im Jahr des Friedrich-Geburtstags weiterführen will.
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