
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Die Franken übernehmen
Nach der Pleite der Sandsteinwerke ist ein Nachfolger da – und die Arbeiten an der Fassade gehen weiter
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Innenstadt - Die Aufregung war groß, die Sorge noch größer: Doch an der Fassade des Potsdamer Landtagsschlosses gehen nach dem Baustopp infolge der Pleite der Sächsischen Sandsteinwerke die Arbeiten nun weiter. Am Mittwoch wurde die erste von insgesamt drei Repliken der prunkvollen Wappenkartuschen montiert, die das Knobelsdorffsche Stadtschloss in der Mitte der Preußenresidenz auf dem Alten Markt einst krönten. Für die Fertigstellung der Schloss-Fassade, für die der Mäzen Hasso Plattner 20 Millionen Euro gespendet hat, ist nunmehr eine Firma aus dem Fränkischen verantwortlich. Mit den Bamberger Natursteinwerken habe man ein leistungsfähiges Nachfolge-Unternehmen für die Fertigstellung der Fassade binden können, erklärte Geschäftsführer Thomas Weber von der BAM Deutschland AG, die den künftigen Landtag Brandenburg als Generalunternehmer errichtet. Die fränkische Firma, die auch einen Steinbruch im Elbsandsteingebirge betreibt, sei bereits am Potsdamer Projekt beteiligt gewesen. Der Bamberger Firmenchef Hermann Graser sagte, man nutze den Winter, um in Bamberg Fassadenteile zu fertigen.
Weber betonte, dass man über eine Einigung mit den Sächsischen Sandsteinwerken bereits gefertigte Fassadenteile wie die Kartuschen erworben und letzten Freitag aus Pirna abgeholt habe (PNN berichteten). Man habe eine Lösung gefunden, nach der alle „Bildhauer, die daran beteiligt waren, direkt von der BAM Deutschland vergütet wurden“. Damit sei die BAM wieder im eigenen Zeitplan, die Schlossfassade bis Frühjahr 2013 und das Landtagsschloss bis Frühjahr 2014 fertigzustellen. Der Dauerkonflikt mit dem Finanzministerium Brandenburgs, das auf eine Fertigstellung zum Herbst 2013 pocht und von der BAM geforderte Mehrkosten von 15 Millionen Euro ablehnt, ist damit aber noch nicht beigelegt. In einem Schiedsverfahren hat ein Richter dazu das letzte Wort, das beide Seiten unabhängig vom Ausgang akzeptieren wollen. Am Mittwoch demonstrierten Finanzminister Helmuth Markov (Linke) und BAM-Chef Weber Harmonie. Markov sagte, er freue sich, dass die Insolvenz nicht zu zeitlichen Problemen führt und „wieder ein Stück Wahrzeichen“ entstehe.
Montiert wurde an der Südfassade vis-à-vis des Hotels Mercure am rechten Dachfirst als erstes die Kartusche mit dem goldenen Wappen Schlesiens, umrankt von Steinfiguren, Blumengirlanden und Efeukränzen, alle Kartuschen krönt eine mit Blattgold vergoldete Krone. Es folgen das Brandenburg-Wappen links außen und in der Mitte über dem Südportal Preußen – beide sollen wegen der Witterung erst im Frühjahr montiert werden.
Die Rekonstruktion der Wappenkartuschen war in jeder Hinsicht eine Herausforderung, sagte BAM-Fassadenprojektleiter Klaus Böhlitz. Jede Kartusche sei etwa 23 Tonnen schwer, um die fünf Meter hoch, vier Meter breit und mit einer Goldkrone versehen. Überliefert war fast nichts mehr, man habe in Archiven und Bibliotheken recherchiert, als Vorlage historische Messbildfotos abfotografiert. Was eine Kartusche kostet, wollte Böhlitz nicht verraten, nur so viel: „Es ist der Wert eines Einfamilienhauses, und zwar eines sehr gehobenen.“ Die Wiederherstellung der historischen Schlossfassade samt detektivisch rekonstruierten Wappenkartuschen ist selbst für gestandene Bauleute wie Böhlitz kein normaler Alltag, wie er sagte: „So etwas macht man nur einmal im Leben.“
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