Landeshauptstadt: Die gescheiterte Reform
Obwohl Kleinbauer Uwe Rückert Geld von der EU erhält, begrüßt er deren geplante Kürzungen
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Krampnitz - Um 6 Uhr steht Uwe Rückert jeden Tag auf, spätestens um 6.30 Uhr ist er im Stall. Auch sonntags. Die Tiere wollen gefüttert werden. Uwe Rückert ist Landwirt und betreibt einen 200 Hektar großen Hof in Krampnitz. Als Kleinbauer arbeitet er hart für sein Geld. Ohne Subventionen für Weizen, Roggen und das Getreide Triticale, das er verkauft, wäre seine Produktion unrentabel. Dennoch befürwortet er die EU-Agrarreform, Direktzahlungen, die Bauern für ihren Flächenbesitz erhalten, zu kürzen.
Der Plan war, im großen Stil Gelder umzuverteilen: Von den Großen zu den Kleinen. Mit ihrer Reform wollte EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel biologische Vielfalt erhalten, ländliche Regionen unterstützen und umweltfreundliche Landwirtschaft fördern. 45 Prozent der Direktzahlungen wollte sie in einen zweiten Fond zur Entwicklung des ländlichen Raumes umschichten. Zu einem Teil wäre Geld dann in umliegende EU-Länder abgeflossen. Es wäre jedoch auch kleinen Landwirten und vor allem Ökohöfen aus der Region zu Gute gekommen.
Die große Reform ist jedoch gescheitert. Auf bis zu 22 Prozent der Subventionen werden deutsche Agrarunternehmen bis 2012 verzichten müssen. Zähneknirschend wird Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) dieses Ergebnis wohl annehmen müssen.
Als kleinen Landwirt trifft Uwe Rückert die Reform nur bedingt. Gut 29 000 Euro erhält er von der EU jährlich. 2012 werden es 3770 Euro weniger sein. Schmerzhaft wird es vor allem für die Großen. „Vielen Agrargenossenschaften geht es primär darum, die Gewinn zu maximieren“, sagt Rückert. Nicht nur durch ihren Größenvorteil, sondern auch weil sie sich mit Subventionen aus Brüssel größere Landmaschinen leisten können, produzieren sie deutlich effizienter. Ihre Profitabilität ist einer der wichtigsten Gründe für Brüssel, die Zuzahlungen zu mindern.
Die Argumentation der Politik, EU-Subventionen erhielten Arbeitsplätze in der Region, bezweifelt der Kleinbauer. „Die Mitarbeiter werden manchmal ausgebeutet bis zum Letzten.“ So verdiene ein Traktorist lediglich zwischen fünf und sieben Euro pro Stunde. Teilweise würden Angestellte im Winter entlassen oder würden unregelmäßigen Lohnzahlungen zu Recht kommen. „So etwas sollte nicht weiter gefördert werden“, sagt Rückert.
Laut sagen will es eigentlich keiner. Doch von Höfen in Potsdam-Mittelmark ist zu hören: „Der Bauernverband ist in Brandenburg, und auch in Potsdam-Mittelmark, ein Verband der Großbetriebe.“ Obwohl zwei Drittel der Landwirte in Brandenburg Einzelunternehmen führen. Oft sind das Familienbetriebe.
Laut Landwirtschaftsministerium bewirtschaften in Brandenburg 16 Prozent der großen Agrarbetriebe 77,4 Prozent der Agrarfläche. Die Koppelung der Direktzahlungen an die bewirtschaftete Fläche ist ein Segen für sie. Einzelne Agrargenossenschaften bekommen so Zusatzzahlungen von bis zu einer knappen Million Euro jährlich. Durch die Neuordnung drohen in einem solchen Fall Kürzungen von rund 220 000 Euro. Vor allem Großbetriebe kämpfen daher gegen Brüssel. Brandenburgs Bauernpräsident, Udo Folgart, wissen sie an ihrer Seite. Allerdings: nicht zuletzt profitiert auch er von den Subventionen. Medienberichten zufolge stehen ihm als Betreiber der Agro-Glien GmbH in Schönwalde-Glien rund 317 000 Euro Direktzahlungen pro Jahr zu.
„Nicht, dass ich Subventionen generell ablehne“, sagt Rückert. „Unabhängig von der Größe eines Betriebes sollten sie aber da eingesetzt werden, wo Menschen in der Region davon profitieren und faire Arbeitsbedingungen geschaffen werden.“ Als Strategie für kleine Landwirtschaftsbetriebe sieht er eine mögliche Perspektive darin, sich neben dem Ackerbau ein zweites Standbein zu suchen. Rückert hat Glück. Er hat sein zweites Standbein von Anfang an. Denn schon immer lieferten die Pferdezucht, Boxenvermietung und Reitunterricht einen Teil seiner Einkünfte. Carina Körner
Carina Körner
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