
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Die Linke setzt auf Lagerwahlkampf Bestätigter Stadtchef Krämer: Kommunalwahl
wird Richtungsentscheidung für Potsdam
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Zwei Jahre vor der Kommunalwahl rüstet sich Potsdams Linke für einen Lagerwahlkampf gegen die Rathauskooperation aus SPD, CDU, Grünen und FDP. Beim Kreisparteitag der Linken am Samstag sagte der mit nur einer Gegenstimme wiedergewählte Parteichef Sascha Krämer, die Wahl 2014 werde für die Landeshauptstadt zu einer Richtungsentscheidung zwischen einem Potsdam für Besserverdienende oder einem Potsdam für alle, einem preußischen Potsdam oder einer bunten und lebendigen Stadt. Die Parteien in der Rathauskooperation stehen für die Vernachlässigung vieler Stadtteile zugunsten der barocken Innenstadt, für mangelhafte Bürgerbeteiligung, für den Verkauf öffentlichen Eigentums und für eine Arroganz der Macht, erklärte der 35-Jährige.
Harsche Kritik an dem Rathausbündnis, das maßgeblich von SPD-Fraktionschef Mike Schubert geschmiedet wurde, übte auch Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg. Der 58-Jährige sagte, die Kooperation mit der in Potsdam besonders konservativen SPD und den von links weit entfernten Grünen funktioniere über Postengeschacher, dies könne ein fester Kitt sein. Dennoch sei die Fraktion der Linken gegen das Bündnis nicht wirkungslos geblieben, wie die gewonnene Bürgerbefragung zum Badstandort am Brauhausberg oder die Eröffnung des „Freiland“-Jugendzentrums zeigten.
Somit scheint ein rot-rotes Bündnis für Potsdam – analog zur von SPD und Linken geführten brandenburgischen Landesregierung – unwahrscheinlich. Längst hat Krämer die Auffassung von Scharfenberg übernommen, die Linke müsse im Stadtparlament wechselnde Mehrheiten für eigene Projekte finden. Dies bekräftigte Krämer am Samstag. Dagegen hatte SPD-Chef Mike Schubert mehrfach erklärt, er strebe nach der Wahl eine stabile Mehrheit an.
Trotz des demonstrierten Selbstbewusstseins sorgt sich die Linke – angesichts eines Abstimmungsmarathons bis 2014 mit Bundestags-, Europa- und Landtagswahlen – um ihre Kampagnenfähigkeit. Der Grund: Der Altersdurchschnitt der Genossen liegt bei 68 Jahren, infolge von Todesfällen geht die Mitgliederzahl stetig zurück. Vor den Folgen dieser Entwicklung für die Partei, die seit 2003 beide Kommunalwahlen in Potsdam gewonnen hat, warnte am Samstag der als Vize-Parteichef neu gewählte Ronny Besançon: Die personellen Kapazitäten hätten sich weiter verschlechtert, einige Genossen arbeiteten an der Grenze ihrer Belastbarkeit. „Das kann uns im Wahlkampf auf die Füße fallen“, so der 34-Jährige. Schatzmeister Alexander Frehse sprach von sinkenden Erlösen aus den Mitgliedsbeiträgen. Verschärfend wirke das niedrige Zinsniveau, daher würden aus dem 260 000 Euro umfassenden Parteivermögen nur niedrige Erträge erwirtschaftet. Im Wahlkampf müssten diese Rücklagen angetastet werden, so der 43-jährige Frehse. Mit aktuell 876 Mitgliedern hat die Linke noch knapp 100 mehr Genossen in Potsdam als die SPD. Vor zwei Jahren waren 950 Potsdamer Mitglied bei den Linken.
Die überalterte Parteibasis setzt auf jüngere Kräfte, die meisten der neu gewählten Vorstandsmitglieder sind 20- bis 40-Jährige. Und zunehmend rekrutiert die Partei Anhänger der linksalternativen Szene, die in Potsdam bisher eher von der Fraktion Die Andere repräsentiert wurden. Krämers Vorgänger Günther Waschkuhn bescheinigte seinem Nachfolger, die Partei für neue Wählerschichten geöffnet zu haben. Bei seinem Amtsantritt vor zwei Jahren hatte Krämer noch 83 Prozent der Stimmen erhalten, nun waren es 96 Prozent.
Inhaltlich beschloss der Parteitag, dass sich die Linke im Stadtparlament grundsätzlich gegen die Veräußerung von kommunalem Eigentum wenden soll und in Potsdam eine differenzierte Erinnerungskultur entstehen müsse, bei der nicht einseitig Zeugnisse der Arbeiterbewegung aus dem öffentlichen Raum getilgt werden dürfen. Henri Kramer
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