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Reichlich Milch. Die Kuhmilch gilt unter Ernährungsforschern als ein möglicher Schutzfaktor vor Darmkrebs. Welche Rolle probiotische Kulturen spielen, ist noch offen.

© dapd

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Ernährungsforscher kennen heute eine Vielzahl von Faktoren, die das Darmkrebsrisiko senken können

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Über Darmkrebs wird nicht gesprochen. Das sollte man aber, denn es ist in Deutschland derzeit die zweithäufigste Tumorform. Wobei wiederum die Ernährung eine große Rolle spielt: ein Drittel aller Krebsfälle geht bei uns auf die Ernährungsweise zurück. Nach Meinung von Ernährungsexperten ist aber insbesondere Darmkrebs eine vermeidbare Krankheit. Nur fünf bis zehn Prozent der Erkrankungen gehen auf ererbte genetische Ursachen zurück. „Äußere Faktoren wie Ernährung und Lebensweise spielen eine große Rolle“, sagte Professor Michael Glei von der Uni Jena auf einem Workshop am Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Bergholz-Rehbrücke (DIfE). „Jeder kann täglich dazu beitragen, sein persönliches Krebsrisiko zu senken“, sagte Glei.

Dass sich eine ballaststoffreiche Ernährung mit viel Obst und Gemüse sowie körperliche Aktivität auch beim Risiko für diese Krebsform positiv auswirkt, ist schon weithin bekannt. Auch, dass rotes Fleisch – alle Fleischsorten außer Geflügel und Fisch –, Alkohol, Rauchen und Übergewicht sich negativ auswirken, wissen wir schon. Neu allerdings ist die Erkenntnis, dass man die toxische Wirkung etwa von Fleisch oder Alkohol durch entsprechende Schutzfaktoren der Ernährung bzw. von Sport teilweise wieder entschärfen kann. So zumindest erklärte Ernährunsgtoxikologe Glei den Zusammenhang. Wichtig in diesem Kontext ist demnach nicht nur die ballaststoffreiche Ernährung sondern auch der reichliche Verzehr von Milch und eine gute Kalziumversorgung aber auch ausreichend Schlaf. Mit positiven Faktoren könne man negative wieder aufwiegen.

Auch für den Verzehr von probiotischen Kulturen (etwa Lacto- oder Bifidobakterien in Milchprodukten) spricht sich Michael Glei aus. Es gebe zwar noch keine experimentelle Evidenz, aber eine Vielzahl von indirekten Belegen würden für eine Verringerung des Darmkrebsrisikos sprechen. Eine Beteiligung der Darmflora an der Entwicklung wie auch Vermeidung von Dickdarmtumoren sei durch Tierstudien belegt. „Ein Einfluss auf die Tumorentstehung beim Menschen erscheint wahrscheinlich, gleichwohl die Zusammenhänge äußerst komplex und nicht abschließend geklärt sind“, so der Ernährungsforscher.

An dieser Stelle sollte nicht unerwähnt bleiben, dass der zweitägige Journalisten-Workshop am DIfE, der sich mit dem Einfluss von Darmbakterien auf die Gesundheit befasste, vom Danone-Institut für Ernährung und Gesundheit ausgerichtet wurde. Und dass Molkereien mit Probiotika ein gutes Geschäft machen, ist bekannt. Allerdings war das vom DIfE mitorganisierte wissenschaftliche Treffen keine PR-Veranstaltung. Nein, das Bild war eher indifferent, einzig den Ausführungen von Jürgen Schrezenmeir (Uni Mainz) ließ sich entnehmen, dass sich durch regelmäßige Einnahme von Probiotika das Immunsystem stimulieren lasse.

Bei der Entwicklung von Dickdarmkrebs hingegen spekuliert die Forschung derzeit noch über mögliche präventive Wirkungen von Probiotika sowie Präbiotika (Bakterien fördernde Kohlenhdrate). Dafür liegen nach den Worten von Michael Glei noch keine Daten vor. Allerdings habe die Forschung mittlerweile belastbare Daten, die eine präventive Wirkung von Probiotika auf Blasenkrebs belegen. „Weitere Studien sind notwendig, um Probiotika und Präbiotika als präventive Maßnahmen bei Personen mit erhöhtem Darmkrebsrisiko zu etablieren“, erklärte Glei. Grundsätzlich weiß die Forschung, dass Mikrobiotika im Darm positive wie auch negative Einflüsse haben können. So würden auch beim Darmkrebs bestimmte Darmbakterien das Risiko erhöhen, während andere offensichtlich eher schützend wirken. Bekannt ist auch, dass bei Patienten mit Polypen oder Darmkrebs die Darmflora eine geringere Stabilität aufweist.

Eine andere Erkenntnis ist, dass das Darmkrebsrisiko steigt, je mehr rotes Fleisch und je weniger Ballaststoffe gegessen werden. Die aufgenommene Fasermenge spielt dabei offenkundig eine wichtige Rolle. „Wenn wir unsere Ballaststoffaufnahme verdoppeln könnten, würden wir unser Darmkrebsrisiko um 40 Prozent reduzieren“, sagte Michael Glei. Bei rotem Fleisch hingegen sei nach neuen Erkenntnissen der hohe Anteil an Eisen der Risikofaktor. „Eisen ist zwar essentiell, in hohen Dosen aber wirkt es im Darm toxisch“, erklärte Glei.

Wie immer macht also auch hier die Dosis das Gift. Was wiederum auch für das Kalzium gilt. Denn während es neuerdings von Wissenschaftlern zu den schützenden Stoffen bei Darmkrebs gezählt wird, haben andere Forscher den Mineralstoff unter Verdacht, einen aggressiven Verlauf bei Prostatakrebs zu begünstigen. Bleibt also die altbekannte Empfehlung zur ausgewogenen Ernährung. Der Schweizer Ernährungsforscher Remy Meier empfahl dann in Potsdam einmal mehr die mediterrane Kost: „Ausdrücklich inklusive Rotwein.“

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