MAUERFALL: „Die Probleme haben die Mauer überbrückt“
Der Potsdamer Zeithistoriker Frank Bösch über einen neuen Blick auf den Mauerfall, eine längerfristige gesamtdeutsche Perspektive und die Annäherung der DDR an den Westen
Stand:
Herr Bösch, Sie betrachten den Mauerfall 1989 in einem breiteren zeitlichen Rahmen. Was zeigt sich dabei?
In gewisser Weise sind unser Projekt und die Konferenz ein Gegenakzent zur Thematisierung des Mauerfalls in den letzten Wochen. Letztere erinnerte eher punktuell an die Ereignisse 1989. Dagegen versuchen wir, die rasanten Veränderungen in der DDR und die der Bundesrepublik in einer längerfristigen gesamtdeutschen Perspektive zu erklären. Statt der kurzfristigen Straßenproteste und Wiedervereinigungspolitik analysieren wir grenzübergreifende Problemkonstellationen, die seit den 1970er-Jahren entstanden und die Reaktionen darauf in Ost- und Westdeutschland.
Das gesamte Interview lesen Sie in der Mittwochausgabe der POTSDAMER NEUESTEN NACHRICHTEN
Um welche Problemlagen geht es?
In den 70er-Jahren entstanden Herausforderungen, die selbst die neu ausgebauten Grenzanlagen leicht überbrücken. Die ökonomische Krise, die stark steigenden Energiekosten oder die Umweltprobleme waren in ganz Europa spürbar. Gleiches gilt für den Wandel der Arbeitswelt, der Medien oder die digitale Revolution. Dies wurde im Westen zwar frühzeitiger und intensiver rezipiert, dann zeitversetzt aber auch im Osten. Verdreckte Luft, verschmutzte Flüsse oder die Radioaktivität aus Tschernobyl machten eben nicht am Stacheldraht halt, ebenso nicht deren Problematisierung.
Frank Bösch (45) ist Co-Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung und Professor an der Universität Potsdam. Er ist unter anderem Experte für Mediengeschichte.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: