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Landeshauptstadt: Die Rückkehr der Münzen

In Deutschland herrscht allgemeiner Kleingeldmangel/ Nach Potsdam allerdings kommen die Cents nun langsam zurück

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In Deutschland herrscht allgemeiner Kleingeldmangel/ Nach Potsdam allerdings kommen die Cents nun langsam zurück Man sitzt im Café, will sein Getränk mit einem Schein bezahlen. Aber dann: „Geht nicht. Sorry. Kein Kleingeld zum Wechseln da.“ So erging es auch einer Potsdamerin, die am Wochenende einen Kaffee mit einer Freundin in Babelsberg trinken wollte. Als die Rechnung kam, holte sie einen Fünfziger aus ihrer Börse und reichte ihn der Kellnerin. „Es tut mir leid, aber ich kann nicht wechseln“, lautete die Antwort, „alle Zahlen hier heute nur mit Scheinen“. Glücklicherweise hatte dann die Freundin noch ein paar Eurostücke parat, konnte das Getränk mitbezahlen und somit die verdutzte Frau aus ihrer Misere befreien. * * * Eine Szene, wie sie sich in den letzten Wochen nicht nur in Potsdam, sondern auch in ganz Deutschland abgespielt haben dürfte. Seit etwa zwei Wochen herrscht im Land akuter Kleingeldmangel. Der für Bargeldversorgung verantwortliche Bundesbankvorstand Franz-Christoph Zeitle vermutet, dass es sich „offenbar um eine sich langsam verändernde Zahlungsgewohnheit der Verbraucher“ handelt. Die Bürger, so der Bänker, „geben die Wechselgeld-Münzen scheinbar nicht wieder aus“. „Den Bürgern sind die Euro-Münzen immer noch fremd“, erklärt auch Währungspsychologe Stefan Schulz-Hardt von der Universität Dresden das Phänomen der bundesweit vorherrschenden Kleingeld-Knappheit. Die Deutsche Bundesbank hatte die Haushalte offiziell aufgefordert, mehr Kleingeld zu benutzen. Als Konsequenz ihrer Unsicherheit zückten die Verbraucher Schulz-Hardt zufolge an der Kasse lieber schnell einen Schein, anstatt nach der richtigen Münze zu suchen. Darüber hinaus spiele auch das Gewicht der neuen Währung eine wichtige Rolle. „Cent sind viel schwerer als Pfennige – deshalb leeren viele zu Hause ihr Portemonnaie aus“. Eine ältere Dame aus Potsdam hat ähnliche Gründe und meint lächelnd: „Mir ist dieses Kleingeld einfach zu schwer. Ich trage nicht gerne so viele Münzen mit mir herum. Da packe ich das Geld lieber in ein Sparschwein und sammele“. Harald Lemke, Geschäftsführer des Brandenburger Einzelhandelsverbandes, hat seine eigene Theorie, warum die Münzen so knapp sind, und gibt zumindest für das Land Brandenburg Entwarnung. „Das Phänomen des fehlenden Kleingeldes ist vor ungefähr 14 Tagen aufgetaucht. Das ist in etwa die Zeit, als es Zeugnisse gab.“ Da sich besonders ältere Leute „furchtbar viele Gedanken“ machen würden, welches Präsent den lieben Enkeln als Belohnung für gute Noten am besten zu Gesicht stehe, seien viele auf die Idee gekommen, ihnen Münzsammlungen zu schenken, erklärt Lemke die Sache mit der Taler-Knappheit. „Die Deutschen sind eben ein Sammler-Völkchen.“ Nur das Kaufhaus Real, das zur Metro-Gruppe gehört, habe ein paar Probleme bekommen und Lastwagenweise 1-, 2- und 5-Cent- Münzen aus Österreich importiert, sagte der Einzelhandelsbverbands-Chef. Die Kosten für Stahl seien derzeit in Deutschland zu hoch, so dass die Bundesbank keine eigenen Münzen prägen könne. In Brandenburg, so Lemke, sei die Münz-Knappheit allerdings eher gering. „Seit etwa einer Woche kommen so langsam mehr Münzen in Umlauf“, sagt der Geschäftsführer. Dass wieder mehr Kleingeld in die Kassen kommt, bestätigen auch Potsdamer Geschäftsleute. „Scheinbar haben die Leute begriffen, dass wir nichts mehr zum Wechseln hatten“, heißt es im Lotto & Tabak Shop Mehlhorn in der Innenstadt. „In den letzten 14 Tagen war es besonders schlimm, aber man hat ja die ganze Zeit in den Medien von diesem Thema gehört. Naja. Seit Anfang der Woche haben wir jedenfalls wieder mehr als genug.“ Ebenfalls betroffen ist die Alex-Brasserie in der Wilhelmgalerie, an der der mysteriöse Münzschwund nicht vorbei gegangen ist. „Wir haben zwar genug Cent-Stücke im Lager“, sagt ein Kellner, „aber es war schon auffällig, dass unsere Mitarbeiter in der letzten Zeit mehr Münz-Nachschub aus dem Keller holen mussten.“ Doch auch der Kellner bestätigt: Das Kleingeld kehrt zurück. In Bäckereien sorgt man sich offenbar gar nicht, dass eines Tages das Geld knapp werden könnte. Einen möglichen Grund dafür nennt Werner Gniosdorz von der Bäckerei Braune. „Die Kunden haben in einer Bäckerei genug Zeit, sich sorgfältig das Geld zurechtzulegen. Man steht in der Schlange und muss warten.“ Über mangelndes Kleingeld könne man sich jedenfalls nicht beklagen, so Gniosdorz. „Hier werden die Kunden ihr Geld schon los.“ Ähnliches erzählt eine Mitarbeiterin der Deutschen Bank AG. „Also wir haben hier schon fast zuviel Kleingeld“, sagt sie, „und unsere Kunden kommen Regelmäßig vorbei und geben ihr gesammeltes Kleingeld in Rollen zurück.“ Auch die Potsdamer Commerzbank hat keine Probleme mit Kleingeld. Man habe von der Münzen-Krise gehört, verfüge aber selbst über genug Cent-Stücke. Sie selbst gehöre allerdings auch zu den Sammlern, gestand die Bankangestellte.

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