Landeshauptstadt: Die Sansibar-Frage
Nächste Woche fällt die Entscheidung über Potsdams achte Partnerstadt – die der Verwaltung zu teuer ist
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Potsdams nächster Städtepartnerschaftsvertrag könnte in rund 8000 Kilometern Entfernung unterschrieben werden: in Sansibar Town. Einen ganzen Tag müsste Oberbürgermeister Jann Jakobs dafür im Flugzeug sitzen. Ob dieser Vertrag aber überhaupt zu Stande kommt, hängt von der Entscheidung des Hauptausschusses am kommenden Mittwoch ab.
Es wäre die achte Partnerschaft für Potsdam: 1974 begann die erste mit dem polnischen Opole. Es folgten Partnerschaften mit Bonn, und dem finnischen Jyväskyla, 1990 mit Perugia in Italien und dem amerikanischen Sioux Falls, 2002 mit Luzern in der Schweiz. 17 weitere Städte haben sich laut Stadtmarketing-Chefin Sigrid Sommer bereits um eine Partnerschaft beworben, auch aus Indonesien und China.
Sansibar Town wäre nicht nur die erste islamische Partnerstadt Potsdams, sondern auch die erste in der dritten Welt. Genau darum war der entsprechende Antrag der Linkspartei.PDS auf der jüngsten Hauptausschusssitzung so wohlwollend diskutiert worden: Bereits 2006 hatten sich die Stadtfraktionen von CDU, Linkspartei.PDS, den Grünen und Die Andere für eine Partnerschaft mit einer Stadt aus einem Entwicklungsland ausgesprochen.
Die SPD-Fraktion dagegen reagierte auf den Vorschlag zurückhaltend – man wolle erst mögliche Fördergelder abwarten, hieß es. Denn die Pflege der interstädtischen Beziehungen ist teuer, weiß auch Sommer. Viele kleine Ausgaben würden sich zu riesigen Summen addieren: Bei einem Besuch etwa müsste die Stadt für den Bürgermeister von Sansibar Town und seine offiziellen Begleiter das Hotel zahlen, das Essen, das Kulturprogramm und die Dolmetscher, sagte Sommer. Beim Gegenbesuch in der afrikanischen Stadt wiederum zahlte die Verwaltung die Gastgeschenke sowie den Flug für den Oberbürgermeister und seine Delegation: Um die 4200 Euro kostet ein Hin- und Rückflug-Ticket nach Sansibar derzeit.
Am Geld also könnte die Beziehung zu der Inselhauptstadt scheitern: Im Verwaltungshaushalt sind jährlich nur knapp 25 000 Euro für Städtepartnerschaften vorgesehen, erklärte Sommer. Das reiche 2007 nicht einmal für die bereits bestehenden Partnerverträge: Insgesamt haben Vereine und Freundeskreise die Stadt um mehr als 32 000 Euro Unterstützung gebeten. Die Singschule Babelsberg beispielsweise erwartet dieses Jahr Gäste aus Luzern. Mit 2400 Euro sollte die Stadt den Kultur-Austausch fördern, nur 400 Euro kann sie geben. Dabei würden genau solche Projekte die Partnerschaft mit Leben erfüllen, es nütze nichts, wenn sich nur die Bürgermeister treffen, meinte Sommer. Doch nur rund 350 Potsdamer engagierten sich in sechs speziellen Vereinen und Freundeskreisen um die Partnerschaften, so Sommer. In den vergangenen zwei Jahren mussten zudem die von der Verwaltung organisierten Reisen in die Partnerstädte ausfallen, weil es nicht genügend Teilnehmer gab.
Allerdings existieren schon seit 15 Jahren gemeinsame Projekte von Gruppen und Institutionen in Potsdam und Sansibar Town – bisher ganz ohne kommunale Unterstützung. J. Wedemeyer
J. Wedemeyer
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