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Akribische Erkundung. Birgit Jaenicke hat bereits für ihr Diplom Schmetterlinge untersucht. Im Naturkundemuseum soll sie überprüfen, ob die Falter richtig eingeordnet sind.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Die Schmetterlingsfrau

Birgit Jaenicke überarbeitet im Naturkundemuseum die Sammlung – sie umfasst 130 000 Falter

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Das Potsdamer Naturkundemuseum hat einen Neuzugang. Diesmal dreht es sich aber nicht um eine Sammlung, die ihm übereignet wurde, sondern um eine Fachfrau, die sich mit eben diesen Sammlungen beschäftigen soll. Speziell mit den Schmetterlingen.

Birgit Jaenicke studierte in Berlin an der Humboldt-Universität Biologie und beschäftigte sich in ihrer Diplomarbeit bereits mit Schmetterlingen. Die 33-Jährige revidierte eine Artengruppe von Kleinschmetterlingen aus Südostasien. Durch genaue Untersuchungen konnten dabei auch neue Arten beschrieben werden. In enger Zusammenarbeit mit ihrem Diplombetreuer Dr. Wolfram Mey wurde die Arbeit veröffentlicht und erregte einiges Aufsehen. Für die Diplomarbeit habe sie selbst auch Schmetterlinge gefangen, präpariert und so das penible Arbeiten gelernt. Die asiatischen Kleinschmetterlinge haben eine Flügelspannweite von höchstens fünf Millimetern und wenn dann auch noch die Geschlechtsteile für die Artenbestimmung herangezogen werden müssen, kann man sich vorstellen, was da für eine akribische Erkundung vonnöten ist.

Mit dieser Vorgeschichte erschien Birgit Jaenicke dem Direktor des Naturkundemuseums Detlef Knuth bestens geeignet, die Schmetterlingssammlung in Potsdam zu überarbeiten. Sie hatte unter mehreren Bewerbern auf die öffentlich ausgeschriebene Volontärsstelle eindeutig die Nase vorn. Zwei Jahre wird sie über den Schmetterlingen sitzen und überprüfen, ob sie richtig eingeordnet sind. Das Potsdamer Naturkundemuseum verfügt über Sammlungen von rund 170 000 Insekten, davon sind 130 000 Schmetterlinge.

„Die großen Sammlungen von namhaften Entomologen werden unangetastet bleiben“, erklärt Knuth. So würden Entwicklungslinien erhalten, Fundzeiten und Fundorte könnten geschichtliche Entwicklungen belegen. Es wird aber auch dort die Beschreibung der Arten überprüft und – wenn nötig – restauratorisch eingegriffen. Über die Jahre sind zum Beispiel einige Nadeln, mit denen die Schmetterlinge auf dem Untergrund festgesteckt wurden, korrodiert. Um sie zu entfernen, müssen die Präparate zuerst eingeweicht und dann die Nadeln vorsichtig herausgezogen und durch neue, nichtrostende ersetzt werden. Teile, die über die Jahre vom Präparat abgefallen sind, können ebenfalls wieder angefügt und angeleimt werden. Es gibt aber auch kleinere, ziemlich zusammengewürfelte Sammlungen, bei denen Schmetterlinge nur einen Teil bilden. Dort sollen sie herausgenommen und zu einer Zentralsammlung zusammengefasst werden.

Alle Präparat-Beschreibungen will das Naturkundemuseum im Laufe der Zeit digitalisieren. Dadurch werde die wissenschaftliche Arbeit mit dem Sammlungsbestand erleichtert. „Wo wir schon jetzt eine gute Systematik anbieten, wird öfter und intensiver damit gearbeitet“, stellt Knuth fest.

Birgit Jaenicke darf sich trotz des hohen Arbeitsaufwandes aber nicht hetzen lassen. Das fragile Material, bei dem oft schon ein heftiger Windstoß enormen Schaden anrichten kann, muss behutsam und mit viel Fingerspitzengefühl behandelt werden. Dass sie sehr viel allein arbeiten muss, allein mit Tausenden von Schmetterlingen, stört sie nicht. „Das bin ich gewöhnt.“ Schon als Kind sei sie gern umhergestreift und habe Pflanzen und Tiere fotografiert. Groß geworden ist Birgit Jaenicke in Bleyen, einem kleinen Dorf im Oderbruch. Dort fährt sie immer noch hin, um ihre Eltern zu besuchen und ihnen bei der Gartenarbeit zu helfen. In Garten und Treibhaus werde alles für den Haushalt selbst gepflanzt und geerntet. Dass sie in Potsdam am Naturkundemuseum die Stelle bekommen habe, sei „ein Glücksfall“, sagt sei. Das Pendeln zwischen ihrem Wohnort Berlin und Potsdam sei kein Problem – und an den Wochenenden werden die Tage der Einsamkeit mit den Schmetterlingen auch gern bei Treffen mit Freunden kompensiert. Hella Dittfeld

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