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Landeshauptstadt: Die Spinner sind besiegt – vorerst

Nach dem Gifteinsatz 2013 werden in Potsdam dieses Jahr keine Eichenprozessionsspinner erwartet. Ausgerottet sind sie aber nicht

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Der Aufwand, der im vergangenen Jahr zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners betrieben wurde, war enorm: Nicht nur, dass Straßen gesperrt und ganze Alleen mit Insektengift besprüht wurden. Erstmals wurden 2013 auch Hubschrauber eingesetzt, die das Gift aus der Luft verteilten. Sogar die königlichen Gärten und die Autobahn wurden dafür komplett gesperrt. Doch der Einsatz hat sich offenbar gelohnt: Bei einem Monitoring wurde kein einziger befallender Baum in Potsdam gefunden, wie die Stadtverwaltung nun mitteilte. Wie nachhaltig die Bekämpfung ist, bleibt allerdings fraglich.

Weil die Experten erwarten, dass sich die Schädlinge in diesem Jahr kaum ausbreiten, hat die Stadt auch schon jetzt erklärt, auf den Einsatz des Biozids Dipel ES, das im vergangenen Jahr großflächig verteilt wurde, zu verzichten. Sollten dennoch Nester auftauchen, will die Stadt diese wie schon in den Jahren vor 2013 wieder absaugen, so sie denn auf städtischen Flächen vorkommen, wie das Rathaus mitteilte. Dafür stehen 75 000 Euro bereit – die Verwaltung hofft aber, dass nicht alles ausgegeben werden muss. Potsdamer, die Nester auf öffentlichen Flächen wie Straßen oder Schulhöfen entdecken, können dies dem Bereich Grünflächen unter der Telefonnummer (0331) 289 46 01 melden oder die Behördennummer 115 anrufen. Potsdams Grünflächenchef Herbert Claes ist glücklich über den Einsatz im vergangenen Jahr: „Die konzertierte Aktion war ein großer Erfolg“, sagte er den PNN.

Auch Michael Kopka vom Landesbetrieb Forst, der die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners in ganz Brandenburg koordiniert, ist zufrieden – vor allem in Potsdam. „Ich habe empfohlen, innerhalb des Stadtgebiets dieses Jahr kein Dipel ES einzusetzen“, sagte er. Auch ein prophylaktisches Sprühen lehnt er ab: „Die Tiere entwickeln dann nur Resistenzen. Außerdem kostet der Gifteinsatz ja viel Geld und beeinträchtigt die Umwelt.“

Komplett ausrotten könne man den Eichenprozessionsspinner ohnehin nicht, sagte Kopka. „Nach drei bis fünf Jahren hat sich so eine Population wieder aufgebaut.“ In Brandenburg werde der Schädling schon seit 2007 bekämpft. Auch Flächen, von denen der Eichenprozessionsspinner schon vetrieben gewesen war, seien jetzt wieder betroffen.

Dass der erstmalige „vollflächige“ Einsatz von Dipel ES aber dennoch ein Erfolg gewesen sei, zeige sich besonders gut an einer Umfrage, die das Brandenburger Gesundheitsministerium bei Ärzten durchgeführt habe, so Kopka. So meldeten diese 2012 noch 1007 Patienten, die sich wegen der giftigen Raupenhaare behandeln lassen mussten. 2013, nach dem Gifteinsatz im Frühling, waren es nur noch 245. Die Brennhaare der Raupen des Eichenprozessionsspinners können bei Menschen zu Hautreizungen, Juckreiz, Bindehaut- und Atemwegsentzündungen und sogar zu Lungenproblemen führen.

Rund 13 000 Eichen waren in Potsdam bis zum letzten Jahr von den Schädlingen befallen, allein 8000 davon in den Parks der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Per Hubschrauber wurden im vergangenen Mai deshalb der Park Sanssouci, der Neue Garten, Park Babelsberg und der Pfingstberg überflogen und mit Dipel ES besprüht. Auch dort wurden im Rahmen des Monitorings keine Gelege mehr gefunden, sagte Stiftungssprecher Frank Kallensee. Dennoch will man bei der Stiftung womöglich weiterhin Gift einsetzen – wenn auch nicht von oben. „Wenn es einen Befall gibt, werden wir die Bäume durch Absaugen oder Besprühung von unten behandeln“, sagte Kallensee.

Noch ist das Insektengift Dipel ES allerdings noch nicht genehmigt. Derzeit liefen noch die Verhandlungen über eine erneute Ausnahmegenehmigung für 2014, sagte ein Sprecher des Brandenburger Landwirtschaftsministeriums auf PNN-Anfrage. Das Land würde gerne 2000 Hektar Wald mit Hubschraubern überfliegen und mit Dipel ES behandeln – Flächen, die 2013 ausgelassen wurden oder wo das Gift nicht seine Wirkung gezeigt hat.

Laut Experten ist Dipel ES für den Menschen ungefährlich – zumindest wenn es stark verdünnt gesprüht wird. Für die Larven des Eichenprozessionsspinners, die das Gift über die Nahrung aufnehmen, ist das Biozid allerdings tödlich. Dipel ES enthält ein Bakterium, das im Darm der Insekten wirkt.

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