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Landeshauptstadt: Die Spur der Keime

Coli-Bakterien in Babelsberg: Kein Eis in Restaurants, Notmaßnahmen in Kitas

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Babelsberg - In der Babelsberger Kita „Zwergenland“ sind die Coli-Bakterien nicht mehr unsichtbar: „Ein großes rotes Kreuz warnt unsere Kinder vor dem gewohnten Griff zum Wasserhahn“, sagte Kita-Chefin Kathrin Hafemann. „Wir nehmen die Sache ernst.“ Seit das Gesundheitsamt vor den krankheitserregenden Keimen im Trinkwasser warnte, laufen die Notmaßnahmen nicht nur hier: In der Awo-Kita „Sonnenkinder“ fällt das Zähneputzen aus. Auf Einschnitte müssen sich auch Restaurantgäste einstellen: In der „Piazza Toscana“ in der Rudolf-Breitscheid-Straße wurde Eis von der Karte gestrichen, alle hausgemachten Vorräte weggeschmissen. In der Plantagenklause am anderen Ende der Straße gibt es Eiswürfel nun aus der Tüte, auch alle Gläser würden nun „abgekocht“.

Seit Mittwoch müssen etwa 10 000 Babelsberger ihr Leitungswasser abkochen, um die Bakterien unschädlich zu machen. Im Leitungsnetz wurden neben coliformen Keimen auch das gesundheitsschädliche und Durchfall verursachende Bakterium Escherichia coli (E. coli) gefunden – laut Potsdamer Gesundheitsamtes ein Hinweis auf eine Verunreinigung mit Fäkalien. Am Freitag prüfte das Gesundheitsamt, ob die Einwohner einer weiteren Straße in Babelsberg Wasser abkochen müssen. Die Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP) ließ Handzettel an die betroffenen Haushalte verteilen. Das Unternehmen spülte am Freitag die Rohre und nahm an 20 Stellen erneut Proben. Erste Ergebnisse werden am heutigen Sonnabend veröffentlicht. Dann werde sich zeigen, ob bei der ersten Messung Fehler unterliefen oder ob sich der Herd der Verunreinigung eingrenzen lasse. „Bisher tappen wir im Dunkeln“, sagte EWP-Sprecher Stefan Klotz. Möglich sei, dass illegal Abwässer eingeleitet wurden oder Keime bei Bauarbeiten am Netz in das Rohrsystem gelangt sind. Auf den Einsatz von Chlor wolle man zunächst verzichten. Ein entsprechendes Hilfe-Angebot aus Berlin habe man abgelehnt.

Auch in anderen Teilen Brandenburgs haben die Wasserversorger mit coliformen Keimen in ihren Leitungsnetzen zu kämpfen: Im Barnim dürfen 6000 Einwohner Eberswaldes und anderer Gemeinden wie Kloster Chorin seit mehr als einer Woche kein Leitungswasser mehr trinken. In Neuzelle (Oder-Spree) kämpft der Wasserversorger seit Dezember in mehreren Straßenzügen gegen die Keime. Als letztes Mittel musste dort das Trinkwasser mit Chlor desinfiziert werden. Seit Anfang Juli wurden in Proben keine Keime mehr gefunden. Bereits im Sommer 2010 dauerte eine Keimbelastung im Raum Bernau fast vier Wochen. Die Ursache blieb unklar.

Solche Funde seien selten, sagte die Berliner Biologin Ingrid Chorus, Expertin für Trinkwasserhygiene beim Bundesumweltamt. „E.coli-Bakterien sind nicht unbedingt gefährlich“ – aber ein Warnsignal. Es sei unwahrscheinlich, dass der gefährliche EHEC-Keim unter den Bakterien in Brandenburg sei. Eine Erklärung für die Häufung der Fälle lieferte das Landratsamt Barnim: Bei warmem Wetter seien die coliformen Keime im Wasser nicht ungewöhnlich. „Es ist möglich, dass Starkregen dazu geführt hat“, sagte Behördensprecherin Marianne Suntrup. Zuletzt hatte es auch für Berlin Warnungen gegeben, nach heftigem Regen Freibäder und Seen zu meiden, weil etwa Reste von Hundekot in die Gewässer gespült würden. Unter anderem musste der Groß Glienicker See jüngst gesperrt werden.

Nach dem gleichen Prinzip könnten auch in Potsdam etwa an Baustellen Keime in die Trinkwasserrohre gelangt sein, sagte EWP-Sprecher Klotz. Direkt am Wasserwerk, das Babelsberg versorgt, seien die Proben aber einwandfrei. Zuletzt hatten die Stadtwerke im Jahr 2007 eine Warnung vor Coli-Bakterien herausgegeben. Damals war das Leitungswasser in Groß Glienicke über Wochen verunreinigt. jab/axf/tor

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