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Ingeborg Bresgott bringt Schülern bei, sich gegenseitig zuzuhören.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Die Streitschlichterin

Ingeborg Bresgott ist Schulmediatorin – als Dank lädt die Landesregierung sie heute zum Sommerfest

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Am Anfang waren viele skeptisch, jetzt wird Ingeborg Bresgott von einigen Schüler sogar liebevoll „unsere Oma“ genannt. Die 71-Jährige ist nicht nur zur Respektsperson für die gut 600 Schüler der Karl-Foerster-Grundschule geworden, sondern auch zu einer Vertrauten, mit der man Dinge bespricht, die man mit Lehrern oder auch den Eltern nicht bereden mag. Seit 2005 ist sie ehrenamtlich „Senior Partner in School“. Über diese englische Bezeichnung für das bundesweite Projekt schüttelt die ehemalige Wirtschaftsleiterin, Ausbilderin und langjährige Pfarrfrau allerdings nur den Kopf. Sie nennt sich lieber „Streitschlichterin“.

An insgesamt sieben Potsdamer Grundschulen engagieren sich Senioren wie Ingeborg Bresgott momentan als Mediatoren. Brandenburgweit beteiligen sich nach Projektangaben 50 Ehrenamtler an 21 Schulen. Als Dank für das Engagement ist Ingeborg Bresgott heute Abend gemeinsam mit ihrer Mitstreiterin Henriette Henschel zum Sommerfest der Landesregierung im Krongut Bornstedt eingeladen. Als eine von zehn Ehrenamtlern aus ganz Brandenburg darf sie dabei sein, wenn dort unter anderem die Pop-Band „Die Prinzen“ zusammen mit dem Deutschen Filmorchester Babelsberg auftritt.

Es ist eine Einladung, die die Seniorin zurückhaltend aufnimmt: „Es ist ja nicht so, dass ich das mache, um ausgezeichnet zu werden“, stellt sie gleich klar. Als sie sich vor fünf Jahren für die Mediatorenausbildung entschied, standen ganz andere Gründe im Vordergrund: „Man bleibt am Ball“, erklärt die 71-Jährige: „Man kriegt die Probleme von Kindern mit, weiß, womit sie sich rumärgern.“

Als zwölffache Oma müsste Ingeborg Bresgott dafür eigentlich nicht an eine Schule gehen. Oder vielleicht gerade deshalb. Denn in der eigenen Familie, das ist auch Bresgotts Erfahrung, ist manchmal einfach zu viel Nähe: „Da bleibt wenig Raum, Neues zu sagen“.

Genau dazu will die Streitschlichterin die Schüler der Foersterschule aber ermuntern. Gemeinsam mit drei weiteren Seniorpartnerinnen teilt sie sich in zwei „Sprechstunden“ jeweils am Dienstag und Donnerstag. Dann können Schüler mit Problemen zu ihr kommen. „Die spielen nicht mit mir“, erzählen sie ihr dann, oder: „Die guckt immer so doof.“ Streitende Schüler würden aber auch von ihren Lehrern zur Mediation geschickt.

Die geschieht nach festen Regeln, erklärt Ingeborg Bresgott: „Wenn einer redet, dann hört der andere zu“, ist eine davon, „keine harten Worte“, eine andere. Mit Methoden wie dem „Stuhlwechsel“ sollen sich die Schüler in ihr Gegenüber versetzen. „Was geht jetzt in dir vor?“, fragt Ingeborg Bresgott dann. Ziel sei ein Kompromiss, in dem beide Wünsche formulieren und ein Angebot machen, erklärt sie.

Von den „klaren Ansagen“, die die Schüler in der Mediation machen, ist die Streitschlichterin oft selbst verblüfft: „Die meisten wissen genau, was sie wollen“, sagt sie: „Aber es hat sie nie jemand gefragt.“ Das notwendige Vertrauen schafft die Seniorin auch durch die Schweigepflicht, die sie unbedingt einhält: „Was bei uns beredet wird, verlässt den Raum nicht.“ Selbst in Extremfällen würde sie Lehrer oder Eltern nur mit Zustimmung der Schüler informieren.

Von der Arbeit an der Schule profitiere sie aber auch selbst, betont Ingeborg Bresgott: „Das ist eine völlig andere Welt“, sagt die 71-Jährige: „Da finde ich abseits meines eigenen Kreises neue geistige Anregung.“ Jana Haase

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