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Landeshauptstadt: Die Sucht nach dem Glücksspiel

Awo-Suchtberatung startet Modellprojekt zur Spielsuchtprävention / Keine Therapieangebote in Potsdam

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Berliner Vorstadt – Der Einsatz ist gering: Nur ein paar Cent müssen in den Automaten geworfen werden. Nach zwei bis fünf Sekunden Flackern und Piepen ist alles vorbei. Im besten Fall klimpern dann ein paar Euro aus dem Gerät. Wenn nicht, kann man sofort weiterspielen – mit ein paar Münzen. Aber die Rechnung kann höher ausfallen: Denn Spielautomaten gelten als besonders problematisch für Spielsucht-Gefährdete, weiß Daniel Zeis von der Suchtberatungsstelle der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in der Berliner Straße 61a. Einer bundesweiten Studie zufolge haben 80 Prozent aller Spielsüchtigen Probleme mit Automaten, sagt Zeis. Der Sozialpädagoge ist Koordinator eines dreijährigen Bundesmodellprojektes zur Spielsucht bei der Awo-Suchtberatung. Projektbeginn war im April.

Wie viele Potsdamer vom krankhaften Hang zum Glücksspiel betroffen sind, ist unklar, sagt Daniel Zeis. Brandenburgweit wird einer Studie zufolge mit bis zu 8100 Spielsüchtigen gerechnet. Mehr Informationen über die Faktenlage soll eine nun geplante Datenerhebung geben.

Klar ist dagegen, wo pathologische Spieler in Potsdam Glücksspiel-Angebote wahrnehmen können: So gebe es in sieben Spielhallen insgesamt 91 Spielautomaten. Weitere 42 Geräte verzeichne das Gewerbeamt in Kneipen und Restaurants, sagt Zeis. Neben 45 Lottoannahmestellen und dem Casino gebe es auch ein Wettbüro und einen Pokerverein.

Der wöchentliche Besuch im Casino allein sei jedoch nicht krankhaft, betont Zeis: Problematisch werde es erst, wenn man die ganze Woche an den geplanten Besuch denkt – und große Summen verspielt. Kennzeichnend für einen Spielsüchtigen seien außerdem andauernde Erschöpfung und Leistungsmängel. Bei stundenlangen Spielsitzungen werde wenig gegessen, häufig komme auch ein Problem mit Alkohol-, Nikotin- und Koffeinkonsum hinzu, sagt Zeis. Auch der Partner oder die Familie leide häufig unter der Sucht. Im Einzelfall könne es sogar zu Beschaffungskriminalität kommen: So habe es in Potsdam einen Fall gegeben, in dem ein Betroffener wegen Veruntreuung von Geldern seinen Arbeitsplatz verloren hat. Meist seien die Spieler in Höhe von mehreren tausend Euro verschuldet, bevor sie Hilfe suchen, sagt Zeis.

Zehn pathologische Glücksspieler berate die Suchtberatungsstelle aktuell – auch per Mail. Ab Juni soll eine „Orientierungsgruppe“ für Suchtgefährdete hinzukommen, sagt Zeis. Er vermittelt die Hilfesuchenden zur Schuldnerberatung oder auf einen Therapieplatz.

In Potsdam gebe es allerdings keine Therapieangebote: Mindestens eine ambulante Therapiemöglichkeit vor Ort hält Zeis jedoch für „wünschenswert“. Bisher müssen spielsüchtige Potsdamer dafür nach Magdeburg fahren. Stationäre Therapien würden zum Beispiel in Lindow oder Schwerin angeboten. Die Therapiekosten trage die Renten- oder die Krankenversicherung, so Zeis.

Kontakt zur Beratungsstelle unter Tel. (0331) 280 13 97 oder per Mail an: suchtberatung@awo-potsdam.de

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