zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Die Trauerweide soll überleben Historische Gärten für Klimawandel wappnen

Die Weinbergterrassen von Sanssouci sind ein Gartenbild für die Ewigkeit – mit dem fragilen Material Natur dem märkischen Sand abgerungen. Generationen von Gärtnern haben daran gearbeitet.

Stand:

Die Weinbergterrassen von Sanssouci sind ein Gartenbild für die Ewigkeit – mit dem fragilen Material Natur dem märkischen Sand abgerungen. Generationen von Gärtnern haben daran gearbeitet. Doch nun könnte der Klimawandel dem Potsdamer Unesco-Welterbe gefährlich werden. Wetterextreme nehmen zu, die Sommer werden heißer und trockener, die Winter milder und feuchter, hinzu kommen längere Spätfröste im Frühjahr. Gut für Pflanzenschädlinge, Stress für gefährdete heimische Laubbäume wie Ulmen, Eschen und Eichen. Früher war alle 20 Jahre mit „Jahrhundert“-Unwettern zu rechnen, künftig könnte es alle drei bis fünf Jahre passieren, sagen Experten.

Michael Rohde, seit 2004 Gartendirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg und damit Herr über knapp 800 Hektar historischer Parks in Berlin, Potsdam und im Land Brandenburg, hat die Vorzeichen des Klimawandels erkannt. Und leitet daraus eine Pflicht zum vorsorglichen Handeln ab. Schließlich sollen die Bäume, die er heute nachpflanzen lässt, die nächsten 200 Jahre überdauern.

Seit drei Jahren planen der Gartendirektor und sein Projektleiter Heiner Krellig eine internationale Tagung, die sich vom 4. bis 6. September in Potsdam dem Thema „Historische Gärten im Wandel“ widmet. Gartendenkmalpfleger aus ganz Europa und den USA werden ihre individuellen Erfahrungen einbringen und wollen eine „Erklärung von Sanssouci“ zum Schutz historischer Gärten unter sich wandelnden Klimabedingungen verabschieden.

Rohde hofft einen Prozess anzustoßen, der Erkenntnisse, die in anderen Disziplinen und andernorts schon bestehen, zum Nutzen historischer Gärten anwendbar macht. Bäume am historischen Standort, die Unwettern zum Opfer fallen, sollten allerdings nicht aus klimatischen Zwängen durch Bäume anderer Art und Sorte ersetzt werden, wie das in der Forstwirtschaft oder bei Straßen- und Alleebäumen möglich ist. „Ich kann eine Trauerweide neben einer Gedenkurne nicht durch eine Rotbuche oder Fichte ersetzen“, erklärt Rohde die künstlerisch-symbolische Bedeutung von Bäumen im Park. Es geht – wie in der Baudenkmalpflege – vor allem darum, den überkommenen Bestand so lange wie möglich zu erhalten. Dafür muss die Resilienz, die natürliche Widerstandskraft der Gehölze, gestärkt werden.

In Sanssouci stehen noch heute Bäume, die Peter Joseph Lenné Anfang des 19. Jahrhunderts pflanzen ließ. Damit sortengerechte Nachpflanzungen trotz der härter gewordenen klimatischen Bedingungen auch künftig so langlebig sind, sollen sie künftig noch intensiver als bislang gepflegt werden.

In Sanssouci besinnt man sich zudem auf überkommenes Know-how. Im Rahmen des Modellprojekts „Gartenperspektiven“ wird das aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammende Bewässerungsnetz im östlichen Lustgarten wieder instand gesetzt. Das ermöglicht die Neuanpflanzung historischer Obstsorten und die gezielte Bewässerung mit Brauchwasser aus der Havel. Schon heute leisten die Potsdamer Parks einen wichtigen Beitrag zum Mikroklima und zur Biodiversität in der Stadt. Michael Zajonz

Öffentlicher Festvortrag von Klaus Töpfer am heutigen Donnerstag, 18.30 Uhr im Potsdamer Orangerieschloss.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })