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100 Jahre Erster Weltkrieg: Die Unterschrift des Kaisers

Im Neuen Palais wurde 1914 der Kriegszustand verhängt. Ab heute erinnert eine Ausstellung daran

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Sanssouci - Zum 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkriegs erinnert die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten mit einer Ausstellung im Neuen Palais an die Ereignisse. Im Mittelpunkt der kleinen Dokumentation „Wegmarke der Geschichte – der 31. Juli 1914“ steht die historische Verordnung, mit der Kaiser Wilhelm II. den Kriegszustand über Deutschland verhängt hat. Die Kabinettausstellung ist ab dem heutigen Mittwoch im früheren Arbeitszimmer des Kaisers zu sehen, in dem er das Dokument vermutlich unterzeichnet hat.

Die „Verordnung betreffend die Erklärung des Kriegszustands“ vom 31. Juli 1914 sei vom Bundesarchiv mit Ausnahmegenehmigung im Original zur Verfügung gestellt worden, sagte Kurator Jörg Kirschstein am gestrigen Dienstag vor Journalisten. Zu sehen sind außerdem der Gänsefederkiel, mit dem Wilhelm II. (1859-1941) am Tag darauf im Sternsaal des Berliner Schlosses die Mobilmachung angeordnet hat, sowie ein Porträt des Kaisers in der Uniform der Garde du Corps, das von dem Maler Ludwig Noster (1856-1921) stammt.

Ob es wirklich das als Arbeitsraum genutzte Grüne Damastzimmer war, in dem das Dokument unterzeichnet wurde, ist laut Schlösserstiftung nicht genau bekannt. Einer mündlichen Überlieferung zufolge könnte es auch im sogenannten Frühstückszimmer passiert sein – ein Raum am nördlichen Ende des Oberen Fürstenquartiers, das sich Wilhelm II. als privates Appartement eingerichtet hatte.

Doch eines ist sicher: „Hier wurden die Weichen für den Ersten Weltkrieg gestellt“, wie Kirschstein betonte. Nach dem Mord am österreichischen Thronfolgerpaar in Sarajevo habe bereits am 5. Juli 1914 der österreichische Botschafter im Neuen Palais vorgesprochen und die Bitte Österreich-Ungarns um Unterstützung im Kriegsfall an Wilhelm II. herangetragen. Dieser habe zugestimmt und Österreich-Ungarn damit einen Blankoscheck für weitere Schritte ausgestellt, sagte Kirschstein (siehe Kasten). Einen Tag später habe der deutsche Kaiser eine rund dreiwöchige Kreuzfahrt angetreten, um Normalität zu suggerieren. Am 25. Juli sei Wilhelm II. aber aus dem Urlaub zurückgerufen worden.

Das Dokument über den Kriegszustand vom 31. Juli 1914 sei mittags um 12.30 Uhr von Wilhelm II. und Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg (1856-1921) im Neuen Palais unterzeichnet worden, nachdem um 12 Uhr ein Telegramm aus Petersburg eintraf, mit dem die Rücknahme der eigenen Mobilmachung vom 30. Juli durch Russland abgelehnt wurde, wie Kirschstein am Dienstag erklärte.

Das Dokument, mit dem das Deutsche Reich in den Kriegszustand versetzt wurde, beginnt mit den Worten „Wir Wilhelm von Gottes Gnaden, deutscher Kaiser, König von Preußen, verordnen auf Grund des Artikels 68 der Verfassung des Deutschen Reiches, was folgt“. In den kurzen darauffolgenden Passagen wird der Kriegszustand verhängt und verfügt, dass die Verordnung am Tag ihrer Verkündung in Kraft tritt. In der Praxis war mit dem Kriegszustand damals unter anderem verbunden, dass wichtige Güter wie Fernmeldetechnik, Brieftauben und Arzneimittel nicht mehr exportiert werden durften.

Der Federkiel wurde nach Beginn des Ersten Weltkriegs im Hohenzollernmuseum im Berliner Schloss Monbijou präsentiert, wie die Originalbeschriftung aus dem Jahr 1914 belegt. Auch nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und damit auch der Monarchie wurde das Schreibgerät dort als eine Art Trophäe gezeigt – allerdings wurden die in der Weimarer Republik abgeschafften Ehrbezeichnungen „Seine Majestät“ sowie der Titel „König“ von Hand gestrichen und darüber „Wilhelm II.“ geschrieben. Normalerweise ist die Gänsefeder im Berliner Kunstgewerbemuseum zu sehen – für die Ausstellung im Neuen Palais wurde sie ausgeliehen.

Ziel der Ausstellung sei auch, die historisch-politische Bedeutung des Neuen Palais zu betonen, hieß es vonseiten der Schlösserstiftung. Denn sonst werde das Gebäude überwiegend als kunsthistorisch bedeutend wahrgenommen. (mit wik)

Vor der nun in der Ausstellung dokumentierten Unterzeichnung des Dokuments durch Wilhelm II. war es am 5. Juli zu einem folgenschweren Treffen in Potsdam gekommen. Nach dem Attentat auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand hatte Wilhelm dem österreichisch-ungarischen Bündnispartner in Gestalt von Botschafter László von Szögyény-Marich im Neuen Palais die volle Unterstützung des Deutschen Reiches für den Kriegsfall zugesagt. Das war ein Schlüsselmoment in der sogenannten Julikrise: Mit diesem in Potsdam gegebenen „Blankoscheck“ konnte die Wiener Regierung ihren nächsten Schritt gegen Serbien planen. Tatsächlich stellte Österreich-Ungarn am

23. Juli ein Ultimatum an den Balkanstaat und erkärte ihm dann am 28. Juli den Krieg. Nachdem Russland daraufhin mobilmachte, verhängte auch Wilhelm II. am 31. Juli den Kriegszustand. (wik)

Yvonne Jennerjahn

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