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Mit gesunder Skepsis. Nach den jüngsten Lebensmittelskandalen hat auch unter Studierenden das Vertrauen in öffentliche Küchen gelitten.

© Andreas Klaer

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Der AStA fordert mehr Bio-Lebensmittel in den Mensen. Doch wollen das die Studenten überhaupt?

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Pferdefleisch, Schimmelpilze, Antibiotika – jeder Lebensmittelskandal gibt Befürwortern von biologischem Anbau neue Argumente in die Hand. Doch wie sieht es in den Potsdamer Mensen in Sachen Bio in aus?

Seit 2004 sind die fünf Standorte Neues Palais, Golm, Griebnitzsee, Friedrich-Ebert-Straße und Pappelallee gemäß der EG-Verordnung 834/2007 Bio-zertifiziert. Das ist noch keine Verpflichtung zur Verwendung von Bio-Produkten, sondern gestattet es dem Studentenwerk Potsdam, biologisch hergestellte Lebensmittel einzukaufen, zuzubereiten und zu verkaufen. „Der Anteil an Bio-Lebensmitteln – gemessen am Umsatz – schwankt aktuell zwischen fünf und zehn Prozent“, sagt Gudrun Wewetzer, Pressesprecherin des Studentenwerks . Zusätzlich werden auch Tee, Kakao, Bionade, Gemüsesäfte, Obst, Schokoriegel, Reis und Nudeln in Bio-Qualität angeboten. Kaffee, der komplett aus fairem Handel komme, sei zu fast 100 Prozent Bio. Der Anteil regionaler Produkte – wozu vor allem Backwaren, Milchprodukte, Fleisch, Gemüse und Obst zählen – betrage rund 25 Prozent. „Das Studentenwerk bemüht sich immer wieder, die Qualität der Lebensmittel zu verbessern“, sagt Wewetzer. Dies hänge jedoch von den Finanzierungsmöglichkeiten und der Nachfrage unter den Studenten ab.

„Die Potsdamer Mensen sind grundsätzlich auf einem guten Weg“, sagt Karolina Rokosa, Leiterin des Referats Ökologie beim Allgemeinen Studierenden-Ausschuss (AStA) der Universität Potsdam. „Im Großen und Ganzen sehe ich natürlich noch Entwicklungspotenzial“, so die Jurastudentin. „Nicht nur beim veganen Angebot, sondern auch bei der Verwendung von Bio-Lebensmitteln und vor allem von Fleisch aus artgerechter Tierhaltung.“ Langfristig fordert der AStA die ausschließliche Verwendung von Neuland-Fleisch sowie 100 Prozent Biolebensmittel bei frischen Kartoffeln, Nudeln, Reis, Zucker, Äpfeln und Getreide.

Aber wollen die Potsdamer Studenten das überhaupt? „Bio ist mir eigentlich nicht so wichtig, vor allem soll es schmecken“, findet etwa die 25-jährige BWL-Studentin Katharina Dahl. „Ein Bio-Angebot ist nicht schlecht, aber es wäre auch kein No-Go für mich, wenn es das nicht gäbe“, sagt ein 22-jähriger Informatik-Student vom Hasso-Plattner-Institut in Griebnitzsee.

Tendenziell ist Bio aber vielen Studierenden wichtig, das ergab zumindest eine Untersuchung des Arbeitskreises Mensa: 2011 befragte dieser zuletzt über 3200 Studenten zur Qualität der Potsdamer Mensen. Bio-Lebensmittel wurden dabei von 58 Prozent als wichtig erachtet, 78 Prozent hatten sich für regionale und saisonale Lebensmittel in der Mensa ausgesprochen. 73 Prozent der Studierenden wären sogar bereit gewesen, für mehr Bio-Angebote 25 Cent Zuschlag zu zahlen. „Wenn es sich im Rahmen hält, würde ich vielleicht mehr für Bio bezahlen“, räumt der Informatik-Student ein.

Die Umfrage hatte auch ergeben, dass 55 Prozent der Studierendenschaft Wert auf ein vegetarisches Angebot legt, immerhin 20 Prozent waren es bei veganen Angeboten. An allen Potsdamer Mensa-Standorten wird täglich mindestens ein vegetarisches Gericht angeboten, ein tägliches veganes Angebot gibt es bislang nur am Neuen Palais während der Vorlesungszeit. „In den anderen Mensen werden ebenfalls regelmäßig vegane Speisen angeboten, aber nicht täglich“, sagt Gudrun Wewetzer. „Außerdem können vegane Komponenten zusammengestellt werden.“ Letzteres deckt sich mit einer Forderung des AStAs, wenngleich die Studierendenvertretung auch hier größere Ziele anstrebt: „Die vegan-vegetarischen Gerichte sollten durch teurere Fleischgerichte quersubventioniert werden, um eine nachhaltigere Ernährungsweise zu fördern“, meint Rokosa.

„Das vegetarische Angebot ist mir sehr wichtig. Es hat sich in den letzten Jahren wirklich verbessert“, findet Katharina Dahl. Lob kommt auch vom Arbeitskreis Mensa für die verbesserte Deklaration von veganen Lebensmitteln: „Auf Nachfragen reagieren die Mitarbeiten immer freundlich und greifen gerne zum Telefon, wenn sie sich nicht sicher sind“, sagt Swenja Rosenwinkel. Manchmal lasse aber die Zubereitungsweise zu wünschen übrig: „Es müsste nicht überall geschmackloser werden, weil nicht bearbeiteter Tofu verwendet wird“, sagt sie.

Die Lebensmittelskandale der letzten Zeit sind auch an den Studenten nicht spurlos vorübergegangen, doch viele reagieren pragmatisch: „Ich mache mir darüber keine Gedanken, weil ich sonst beginnen würde, jedem Essen zu misstrauen“, sagt der 25-jährige Marwin Bäßler, Student für Europäische Medienwissenschaften. Katharina Dahl isst regelmäßig in der Mensa, sagt aber auch: „Eigentlich vertraue ich keinem Essen, dass ich nicht selbst zubereitet habe.“

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