Landeshauptstadt: Die Wohnzimmer einer Stadt
Im zweiten Teil der Serie zur Kommunalwahl widmen sich die PNN dem Thema Stadtentwicklung
Stand:
Wie können die ständig steigenden Mieten gebremst werden? Wie soll sich die Potsdamer Mitte weiterentwickeln? Und wie muss mit dem Verkehr in einer wachsenen Stadt umgegangen werden? Ein Blick in die Wahlprogramme der fünf größten Fraktionen – in der Reihenfolge ihrer derzeitigen Größe.
Mieten
Am Thema Mietenanstieg kommt keine der Potsdamer Parteien vorbei – doch bei keiner ist die Liste der Wünsche so lang wie bei der Linken. Unter anderem will sie die Genossenschaften stärken – etwa durch einen speziellen Fonds – und einkommensschwache Haushalte zum Beispiel mit einem speziellen Stromtarif unterstützen. Auch Wohnungsneubau wünscht sich die Linke, schlägt aber vor, Investoren zu einem verbindlichen Anteil an Sozialwohnungen zu verpflichten. Auch die SPD will Wohnraum „zu erschwinglichen Preisen erhalten“ – wie genau, wird im Wahlprogramm aber nicht ausgeführt. Wie die Linke will auch die SPD private Investoren bei Neubauten in die Pflicht nehmen – nämlich über eine Beteiligung an der sozialen Infrastruktur. Die CDU/ANW setzt vor allem auf Wohnungsneubau. Um den zu fördern, sollen Baugehmigungen schneller erteilt und ausreichend Bauflächen ausgewiesen werden. Vehement spricht sich das Parteienbündnis gegen die – quasi schon beschlossene – Erhöhung der Grundsteuer aus, da diese letztlich von den Mietern gezahlt werde. Während die meisten Parteien fordern, die vom Bund eingeführte Mietpreisbremse auch einzusetzen, spricht sich die Potsdamer FDP vehement dagegen aus. „Es ist nicht Aufgabe der Politik, unmittelbar Einfluss auf Mietpreise zu nehmen“, heißt es im Wahlprogramm. Die Antwort auf steigende Mieten könne nur neuer Wohnraum sein. Auch die Liberalen wollen es Investoren daher leichter machen. Die Grünen wollen zwar einerseits eine Verdichtung des Innenstadtraums, um eine Zersiedelung der Landschaft verhindern, andererseits aber Park- und Grünaanlagen. Deshalb fordert die Partei, die geplante Bebauung am Brauhausberg baumschonend zu planen.
Potsdamer Mitte
„Die Potsdamer Mitte – lebendiges Zentrum statt Museum!“ lautet eine Schlagzeile im Linke-Programm. Vom Leitbautenkonzept verabschieden will sich die Partei aber dennoch nicht. Im Einzelnen will sie etwa eine öffentliche Uferpromenade entlang der Alten Fahrt, den Erhalt des Mercure-Hotels und des Staudenhofs und die Abkehr vom Wiederaufbau der Garnisonkirche. Die SPD stellt sich die Mitte als „Wohnzimmer und Terrasse“ der Potsdamer vor, ein Ort, „an dem man sich verabredet, trifft und wohlfühlt“ – viel näher wird im Wahlprogramm nicht darauf eingegangen. Die CDU/ANW fordert unter anderem die konsequente Umsetzung des Leitbautenkonzeptes und den Wiederaufbau der Garnisonkirche. Zudem will das Bündnis einen „Licht-Masterplan“ zur Illumination der herausgehobenen Bauten. Die FDP konstatiert indes: „Schöne Gebäude alleine reichen nicht aus.“ Sie fordert zusätzlich zum Leitbautenkonzept ein Einzelhandelskonzept. „Mit Nachdruck“ will sich die Partei für die Sichtachse vom Stadtschloss über den Lustgarten zum Brauhausberg einsetzen – deshalb stimmte die FDP gegen einen Flottenneubau am Fuß des Mercures und würde auch den Abriss des DDR-Hotels befürworten. Die Grünen, die sich in den vergangenen Jahren besonders für die Wiederherstellung der Potsdamer Mitte nach historischem Vorbild eingesetzt haben, fordern erwartungsgemäß die „Vollendung der Wiedergewinnung der Potsdamer Innenstadt weiterhin in hoher Baukultur“. Auch der Erhalt von Gebäuden der Ost-Moderne wird befürwortet, jedoch nur, „wenn sie bei Sanierung als Zeugnisse der DDR-Architektur erkennbar bleiben“. Nicht dazu zählt aus Sicht der Grünen natürlich das Mercure – sie würden es lieber heute als morgen abreißen.
Verkehr
Das Kapitel „Mobilität“ könnte sowohl im Wahlprogramm der Linken als auch in dem der SPD als grasgrün durchgehen. So fordern beide Parteien eine Abkehr von einer einseitig autogerechten Stadt. Die Linke will stattdessen etwa das Straßenbahnnetz ausbauen, die Ticketpreise für Vielfahrer senken, die Regioanalbahnen öfter fahren lassen und den Potsdamer Hauptbahnhof wieder an den Fernverkehr anschließen. Außerdem soll der Radverkehr gefördert werden – zum Beispiel durch einen dritten Havelübergang für Radfahrer entlang des Bahndamms am Templiner See. Die Autofahrer sollen durch Anreize zum Umsteigen animiert werden, etwa durch Parktickets, die gleichzeitig Bus- und Tramtickets darstellen. Ganz ähnlich liest sich das Wahlprogramm der SPD. Auch sie fordert unter anderem das Prinzip „Parkschein=Fahrschein“. Ebenso fordern die Sozialdemokraten zum Beispiel mehr Sitzplätze in den Bahnen zwischen Berlin und Potsdam, den zweigleisigen Ausbau der S-Bahn zwischen Wannsee und Potsdam Hauptbahnhof oder eine direkte Verbindung nach Spandau. In Potsdam soll der öffentliche Nahverkehr verbessert werden, zum Beispiel durch Schnellbusse mit eigenen Spuren. Außerdem will die SPD mehr Radschnellwege, geglättete Radfahrspuren auf Kopfsteinpflaster oder Leihstationen für Elektro-Fahrräder. Im Park Sanssouci fordert sie zusätzlich zur Ost-West-Verbindung auch eine Nord-Süd-Querung. Die CDU/ANW will die Autofahrer nicht vergraulen und warnt vor einer „künstlichen Behinderung“ des Autoverkehrs. Unter anderem will das Parteienbündnis die Pförtnerampeln abschaffen und stattdessen „grüne Wellen“ schalten sowie eine „Brötchentaste“ für Kurzparker in der Stadt einführen. Auch die FDP hält nichts davon, Autofahrer zum Umsteigen zu bewegen. „Aufgabe der Kommunalpolitik ist es nicht, die Bürger zu erziehen“, heißt es. So dürften etwa Parkplätze in Wohngebieten nicht künstlich verknappt werden. Zudem fordern sie eine Schnellbusverbindung nach Spandau. Am weitesten gehen die Potsdamer Grünen mit ihren Forderungen. Sie haben eine lange Wunschliste, mit der der Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr befördert werden soll. So fordern sie etwa Taktverdichtungen und Kapazitätserhöhungen im Busverkehr und bei der Regionalbahn nach Berlin, Straßenbahnen-Nachtverkehr an Wochenenden sowie vor Feiertagen, eine neue Regionalbahnlinie zwischen Potsdam und Spandau oder zusätzliche Haltestellen des RE1 in Charlottenhof und Park Sanssouci. Außerdem wollen die Grünen ein sogenanntes Bürgerticket einführen – also sozusagen Flatrate-Nahverkehr für alle. Besonders am Herzen liegen den Grünen naturgemäß die Radfahrer. Sie wollen mehr Radwege, Radschnellwege und Fahrradstraßen, außerdem mehr Tempo-30-Zonen und zusätzliche Fußgängerzonen in der Altstadt. Wenig Freude werden die Vorschläge der Grünen bei Potsdams Autofahrern zum Thema Parken hervorrufen. So soll etwa die Parkraum-Bewirtschaftung auf die ganze Innenstadt ausgeweitet und die Parkgebühren insgesamt angehoben werden.
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