zum Hauptinhalt

Links und rechts der Langen Brücke: Die Zweckehe bröckelt

Henri Kramer erwartet turbulente Zeiten in der Potsdamer Stadtpolitik

Stand:

Potsdams Stadtpolitik stehen unruhige Zeiten bevor. Deutlich mehr Streit, lange Wege zu wichtigen Entscheidungen – das ist das Szenario für die kommenden zwei Jahre. Denn in der Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt wird es, trotz 2008 nach der Kommunalwahl gegründeter Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW, Bündnisgrünen und FDP, zunehmend auf andere, auf wechselnde Mehrheiten ankommen. Das hat inhaltliche Gründe – und personelle.

Die Rathauskooperation verliert ihre Gründer. Mit CDU-Fraktionschef Michael Schröder verließ diese Woche der dritte von vier Architekten des Bündnisses die Stadtpolitik. Andere für die Kooperation maßgebliche Akteure bei FDP und Grünen sind schon länger weg – vier Jahre nach der letzten Kommunalwahl sitzen im Stadtparlament viele Nachrücker. Zugleich sind die großen Themen, die im Kooperationsvertrag zwischen den sehr unterschiedlichen Parteien als gemeinsamer Nenner festgehalten wurden, nahezu abgearbeitet: Das Programm zur Schul- und Kitasanierung etwa ist fast beendet. Und ein ausgeglichener Haushalt keine Illussion mehr, sondern für 2015 angepeilt. Viel inhaltlichen Kitt gibt es also nicht mehr. Die Folge dessen lässt sich ausrechnen: Oberbürgermeister Jann Jakobs und seine SPD werden sich auch Mehrheiten jenseits der Kooperation suchen. Die Fälle, in denen SPD und Linke mit ihrer rot-roten Mehrheit gemeinsam Vorhaben durchbringen, werden sich häufen. Ein Beispiel ist jetzt die beschlossene Mietenbremse. Und in absehbarer Zeit geht es um Themen wie die Fortsetzung des „Freiland“-Jugendzentrums und die mögliche kostspielige Rettung des „Archiv“. Beides wollen SPD und Linke erhalten – auch gegen den Widerstand von CDU und FDP.

Dennoch wird die Rathauskooperation nicht platzen. Denn zu einigen Entscheidungen sind die vier Partner noch verpflichtet – etwa 2013 zur Wahl eines neuen, von der SPD vorgeschlagenen Finanzdezernenten. Würde ein Kooperationär das Bündnis eher aufkündigen, müsste er sich den Vorwurf der Vertragsbrüchigkeit gefallen lassen und käme nach der Kommunalwahl 2014 nur unter erschwerten Bedingungen als erneuter Partner für die SPD infrage – denn auch CDU, Grüne und FDP haben etwa mit Beigeordnetenposten von der Kooperationsvereinbarung profitiert. Und die SPD wird das Rathausbündnis nicht beenden, weil eine Linke mit Hans-Jürgen Scharfenberg als Fraktionschef für die Sozialdemokraten nicht als fester Partner in Frage kommt.

Trotz dieser Verbundenheit wird sich der Ton innerhalb der Stadtparlaments-Zweckehe verschärfen. Denn die Parteien werden sich vor vier anstehenden Wahlen bis 2014 profilieren müssen. Für Potsdam aber birgt das die Gefahr, dass die Stadtpolitik den steigenden Anforderungen einer dynamisch wachsenden Stadt nicht gerecht wird.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })