ATLAS: Dilemma
Dieses Urteil des Potsdamer Verwaltungsgerichts wird vielen Gegnern der rechtsextremen NPD wie ein Schlag ins Gesicht erscheinen. Die Richter erklären klipp und klar, dass die Polizei beim Demo-Versuch der NPD im September 2012 hätte versuchen müssen, die Blockaden Protestierender aufzulösen.
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Dieses Urteil des Potsdamer Verwaltungsgerichts wird vielen Gegnern der rechtsextremen NPD wie ein Schlag ins Gesicht erscheinen. Die Richter erklären klipp und klar, dass die Polizei beim Demo-Versuch der NPD im September 2012 hätte versuchen müssen, die Blockaden Protestierender aufzulösen. Die Entscheidung offenbart ein Dilemma: Inwiefern darf die Mehrheitsgesellschaft einer extremistischen Minderheit das Grundrecht der Demonstrationsfreiheit faktisch aberkennen – und darf der Staat dabei helfen? Letztere Frage beantworten die Potsdamer Richter mit einem klaren Nein. Der Staat, in dem Fall die Polizei, muss zumindest versuchen, das Demonstrationsrecht zu gewähren. Das haben schon andere Gerichte so gesehen, das Oberverwaltungsgericht muss noch entscheiden. Doch bis zu einem Urteil dürfte sich die Polizei schwertun, künftig bei ähnlichen Demonstrationen noch einmal so defensiv zu agieren, wie sie es damals tat. Auch die Veranstalter von Demonstrationen gegen Neonazi-Aufmärsche – vor allem das kommunale Bündnis „Potsdam bekennt Farbe“ – müssen den Richterspruch aufmerksam lesen. Wollen sie Bilder verhindern, bei denen Polizisten Gegendemonstranten von einer Demo-Route tragen oder die Lage vollends eskaliert, müssen sie ihre Protestkultur der Entscheidung anpassen. Das wäre im Interesse jener Demonstranten, die sich den Rechten entgegenstellen, aber nicht zwischen gewaltbereite Neonazi-Gegner und die Polizei geraten wollen. Denn klar ist: Gegen Rechtsextreme lässt sich kreativ und mit guten Argumenten protestieren, ohne dabei Grundrechte zu verletzen, die auch für Neonazis gelten. Wer Rechten den Weg versperren will, kann zivilen Ungehorsam leisten, muss aber mit allen Konsequenzen leben. Der Staat muss neutral bleiben.
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